Wie bereits angekündigt war ich dieses Wochenende zum Red River Shootout und zur Texas State Fair in Dallas.
Alle Links angeschaut? Gut. Dummerweise habe ich meinen Blogeintrag über American Football (im Folgenden: Football) immer weiter hinausgezögert, so dass manchen von euch vielleicht noch nicht klar ist, dass College Football hier sehr ernst genommen wird. Sehr, sehr ernst. Das liegt natürlich zum großen Teil daran, dass die "Sooners" zu den besten Teams in den USA gehören und der Cheftrainer Bob Stoops von der Universität zum Multimillionär gemacht wird (wobei man da die Henne-Ei-Frage stellen kann), etc.
Ganz besonders ernst genommen wird das jährliche Spiel gegen das Team der University of Texas. Das spiegelt sich zum Beispiel in der Kleidung wieder. Generell tragen hier sehr viele Menschen - nicht nur Studenten, sondern auch Alumni, wie man beim Einkaufen immer wieder feststellen muss - Kleidung mit OU-Logo oder -Sprüchen in der ein oder anderen Form. Aber nur für das OU/Texas-Spiel gibt es eine ganze Reihe eigener Artikel mit mehr oder weniger kreativen Sprüchen wie "Beat Texas" oder "How do you want your Longhorn cooked?". Die Gegenseite macht das Gleiche, mit Sprüchen wie "O who?".
Bei einer so bitteren Feindschaft trifft man sich natürlich nicht auf Feindesland sondern irgendwo in der Mitte, in diesem Fall eben in Dallas, und wie so oft freut sich der Dritte, wenn sich zwei streiten. Denn egal wie das Spiel ausgeht, Dallas gewinnt immer. Das Spiel findet zwar am Samstag statt, aber weil Norman sowieso zur Geisterstadt wird gibt die Universität auch gleich noch den Freitag frei, und die Baustellen auf der I-35 nach Dallas werden fürs Wochenende ausgesetzt.
Nach etwas Hin und Her bin ich mit einer Horde Mädels am Freitag nach Dallas gefahren - alles Deutsche, bis auf Phoebe, die in Dallas allerdings bei Verwandten untergekommen ist: Theresia aus Paderborn, und Josephine und Cynthia, die von ihren Vorgängern den Van "Dodgey" übernommen haben. Dodgey ist übrigens ein Name, der in mehr als einer Hinsicht passt. Das Öl hat dann aber doch bis Dallas und zurück gereicht. Josi und Cynthia waren privat am Freitagnachmittag eingeladen, aber das war kein Problem. Ohne es bewusst geplant zu haben, war unser Motel direkt neben einem Bahnhof, und ja, in Dallas gibt es Nahverkehr! Der ist sogar mit 3$ pro Person für ein Tagesticket erstaunlich günstig, und man kommt im wahrsten Sinne des Wortes zügig mit einer Mischung aus S-Bahn und Straßenbahn nach Downtown.
Theresia und ich sind also dorthin gefahren (an dieser Stelle bietet es sich an, den entsprechenden Recht unten noch einmal anzusehen) und haben zunächst auf dem Reunion Tower erfahren, warum die Eisenbahn in den USA verdrängt wurde. Unten das Beweisfoto, dass es auch in den USA Züge gibt. Leider konnte der Zug auf dem Foto erst weiterfahren, nachdem jemand ausgestiegen ist und die Weiche offensichtlich per Hand umgestellt hat.
Wir haben das 'X' auf dem Asphalt bewundert, das die Stelle markiert, an der John F. Kennedy erschossen wurde. Dem Laberkopf, der sich wie eine Schmeißfliege an uns gehängt hat, um die Geschichte des Attentats zu erzählen, haben wir zwar keine Zeitung für fünf Dollar abgekauft, aber einer gutmütigeren Seele als mir verdankt er einen Dollar "for time and effort". Nach einem kurzen Trip durchs Stargate (der Komplex nennt sich Thanksgiving Plaza und ist sehr viel andächtiger und religiöser gemeint, aber ich konnte nicht widerstehen)
und andere Teile von Downtown Dallas sind wir durchs West End gezogen, wo sich die Footballfans traditionell am Abend vor dem Spiel die Seele aus dem Leib schreien. Es gab auch eine Band und einen Spraydosenkünstler zu bewundern - das Übliche eben.
Auch am Samstag haben wir das Auto stehen gelassen und sind mit der Kombination aus Zug und Shuttlebussen zur Texas State Fair gefahren, auf der sich auf einem großen Areal in Dallas die üblichen Fahrgeschäfte, Gewinnspiele und Verkäufer tummeln - und dazwischen ein Meer aus Fans in Rot und Orange. Im Zentrum des Fair Park befindet sich das Cotton Bowl Stadium, in dem am Nachmittag das große Spiel stattfand. Vorher machten wir aber noch einige Erfahrungen mit der lokalen bzw. pseudo-nichtlokalen Küche. Pseudo-nichtlokal ist hier das "deutsche" Essen. Der Kartoffelsalat im German Tent fällt definitiv in die Kategorie "interessant, nie wieder". Und "German Fajitas" (links unten im Bild) habe ich dort auch zum ersten Mal gesehen...
Deutlich besser war das lokale Essen in Form von Funnel Cake und Turkey Leg, auch wenn Letzteres, nach dem Spiel genossen, doch etwas zu viel war.
Und dann kam das Footballspiel. Bei meiner Ankunft im August hat sich mein Footballwissen auf "Ein Haufen Spieler stehen sich gegenüber und dann wird das Spiel unterbrochen" beschränkt. Natürlich musste ich mein Footballwissen nicht revidieren, sondern nur ergänzen. Trotzdem habe ich eine Menge Gefallen an dem Spiel gefunden. Grundsätzlich bin ich zwar immer noch der Meinung, dass die Spiele zu lange dauern: Netto dauert ein Spiel eine Stunde, die sich dank Spielprinzip und Fernsehen über vier Stunden brutto zieht. Aber wenn ein Spiel so ausgewogen und dadurch so spannend ist wie das Spiel gestern, dann vergeht die Zeit wie im Flug.
Natürlich hilft die Atmosphäre rundherum ungemein. Wir hatten keine Karten fürs Stadion - Josi hätte vor dem Eingang noch eine für 50$ kaufen können, hat dann aber zu lange gezögert -, standen und saßen also vor einer großen Leinwand mit mehreren Hundertschaften von Fans und haben mitgefiebert. Ulkig war, dass wir einen OU-Fanblock im Stadion sehen konnten, und so dank Zeitverzögerung im Fernsehen das ein oder andere Dejavu beim Touchdown erleben konnten. Im letzten Quarter hat dann das Team der OU dominiert und mit 28:21 gewonnen (die hohen Punktzahlen sind übrigens Kokolores - die Punktzahl ergibt sich aus 4:3 Touchdowns [jaja, es gibt noch Field Goals. Trotzdem!]).
Dann war das Spiel vorbei, und Texas hat Eimer vom Himmel geweint und so die Feier etwas gedämpft. Wir sind in eins der Gebäude geflüchtet, haben dort Schweinerennen bewundert und noch zufällig einen anderen Austauschstudenten getroffen, der mit seinem amerikanischen Mitbewohner im Stadion gewesen war.
Zum Glück war der Regen nicht von langer Dauer, und so konnten wir die Fair noch gemütlich abschließen. Mit dem Skyway, einer horizontalen Gondelbahn, sind wir noch einmal über das Gelände gefahren. Am Ende bin ich dann sogar noch von mir ungeplant mit Cynthia Achterbahn gefahren, denn sie hatte von ihrer Theatergruppe in Deutschland die Aufgabe bekommen, auf einer Achterbahn ein Lied zu singen. Und da man bei sowas heutzutage Videobeweise verlangt, durfte ich mit der Digicam als Kameramann fungieren. Das war eine merkwürdige Erfahrung, denn durch die Konzentration darauf, die Kamera einigermaßen stabil zu halten, ist der Rush der Achterbahn ziemlich an mir vorbeigegangen.
Auf der Rückfahrt im Zug hat eine Gruppe OU-Fans dazu angeregt, diverse Lieder anzustimmen, von denen wir die meisten nicht kannten, und auch die Texas-Fans haben mitgemacht. Man kann also über American Football denken und sagen, was man will, aber eines weiß ich nach diesem Wochende: Ich würde den Ruhrpott am Samstagnachmittag jederzeit gegen Dallas am Tag der Red River Rivalry tauschen.
Heute (bzw. inzwischen gestern) sind wir dann noch zum Dallas Heritage Village gefahren, einem Freilichtmuseum mit Gebäuden aus dem Texas des 19. Jahrhunderts. Und jetzt, viel zu spät dafür, dass morgen um 9.30 die Uni weitergeht, ist langes Wochenendeende (jeweils v.l.n.r: Josi und Cynthia, Theresia und Phoebe).
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