Spät kommt er, der Blogeintrag über mein Wochenende in Tulsa, doch er kommt. Vor nicht ganz zwei Wochen sind Aissata, Ali, Lukas, Silvia und ich am Wochenende nach Tulsa gefahren. Nachdem Lukas am Wochenende zuvor den Trip vorgeschlagen hatte, weil er die Schnauze voll von Norman hatte, und ein Mietauto reserviert hatte, haben wir uns am Freitagabend getroffen, um zumindest ein kleines bißchen zu planen. An dieser Stelle viele Grüße von Lukas' heutigem und Alex' ehemaligem Mitbewohner ("I swear, this guy planned every single minute of his days!"). So wahnsinnig viel geplant haben wir dann doch nicht, da Lukas dem durch Alex entstandenen Vorurteil über Deutsche überhaupt nicht entspricht, aber am Ende hatten wir zumindest ein Motel reserviert und einen von Lukas' Geburtstagsfeier übrig gebliebenen Kuchen verdrückt.
Wir haben dann noch The Butterfly Effect aus der DVD-Sammlung des Clubhauses angeschaut und anschließend über logische Fehler oder Nichtfehler diskutiert. Ich kann den Film auf jeden Fall nur empfehlen. Am nächsten Morgen ging es dann zu (für einen Samstag) ziemlich früher Stunde in einem (für die USA) ziemlich kleinen Auto los.
Die Proviantfahrt zum Walmart haben wir gleich fleißig genutzt, um uns an Lukas' Fahrstil zu gewöhnen ("What's the speed limit again?"), der aber nach der anfänglichen Eingewöhnung eigentlich ganz angenehm war. Und beim Einschätzen des Wenderadius hätte ich auch meine Probleme gehabt...
Unsere Reise führte uns über einen Teil der ehemaligen Route 66 vorbei an einer zerfallenen Tankstelle, in deren Hinterzimmer einst nicht nur die Vegetation Blüten hervorbrachte. Für die Besitzer und damit für die Tankstelle selbst hatte diese Geschichte dummerweise kein Happy End.
Auf der Fahrt durch die Leere des Bible Belts machten wir noch einmal Rast am Lake Keystone (v.l.n.r.: Silvia, Aissata, Lukas, Ali)...
... und danach war Tulsa auch nicht mehr weit.
Tulsas Innenstadt erinnerte sehr an eine Version von 28 Days Later mit weniger Zombies, dementsprechend wenig gibt es davon zu erzählen. Zum Glück hat sich das geändert, als wir aus dem Business District raus und zur 15th Street gefahren sind. Dort hat es uns in ein selbsternanntes Café, das den Namen aber überhaupt nicht verdient hat, verschlagen. Es gibt wenige Dinge, die mich hier wirklich stören - aber es gibt zu wenige Orte an denen man nicht schräg angeschaut wird, wenn man nur etwas trinken will. Dennoch haben wir uns dort dann das letzte Viertel der Niederlage von OU gegen Colorado im Fernsehen angesehen (Football - was dachtet ihr denn?).
Am Abend war ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Casino, und wenn mich nicht nochmal jemand mitzerrt, war es auch das letzte Mal (vielleicht mache ich für Las Vegas eine Ausnahme). In einer großen Halle voller simpler Maschinen saßen die Zombies, die ich am Nachmittag so vermisst hatte, und ließen sich von "ihrer" Maschine die kümmerlichen Reste des Lebens heraussaugen. Das war zumindest mein Eindruck beim Anblick dieser Menschen, die mit leerem Gesichtsausdruck, Augen stets auf den Monitor vor sich gerichtet, nichts anderes taten als stundenlang wieder und wieder auf den "Play"-Knopf zu drücken. Vereinzelt gab es ein paar Seelen, die sich aufzubäumen schienen und ab und zu ein paar der anderen Knöpfe betätigten. Mir lief tatsächlich mehr als einmal ein Schauer über den Rücken, und ich habe mich selten so unwohl gefühlt wie in den paar Minuten im Casino. Denn viel länger war ich dort nicht, nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe und ziemlich schnell freundlich, aber stahlhart "gebeten" wurde, die Bilder zu löschen und rauszugehen. Um ehrlich zu sein war ich froh, die (Spiel-)Hölle zu verlassen, auch wenn sich die anderen danach darüber lustig gemacht haben.
Nach viel Hin und Her haben wir den Abend dann in einem richtig gemütlichen Cafe beendet. Auf Sofas neben einem Klavier und zwischen Gemälden an den Wänden haben wir es uns bei den jeweiligen Getränken unserer Wahl gut gehen lassen und den schönen Begriff "dead dishes" kennengelernt, denn im Gegensatz zu fast allen Orten in Amerika wurde hier kein Einweggeschirr verwendet. Nur Aissata war etwas skeptisch, was ich bei ihrer merkwürdigen Mischung aus Kaffee und Soda aber auch gut nachvollziehen kann.
Am Sonntag sind wir mit einem Gummi-Raft auf dem Illinois River gefahren. Obwohl Lukas schon kurz nach Anfang gemeckert hat, der Fluß solle doch gefälligst alles für uns tun, war es eine angenehme und auch gemütliche Unternehmung, denn das Wasser war sehr ruhig abgesehen von einer Hand voll Stellen, und selbst die waren nicht wirklich spektakulär. So hatten wir mehr Zeit, uns der ein oder anderen Schildkröte zu widmen, aber diese wollten mit uns leider nichts zu tun haben.
Auf der Rückfahrt haben wir dann noch Highwayunterhaltungen kennengelernt. Da auf Highways alle im Wesentlichen gleich schnell fahren kann man hier längere Zeit nebeneinander fahren, was wir mit einem Auto voller amerikanischer Gleichaltriger ausgiebig genutzt haben. Auf Grund der Situation beschränkt sich die Kommunikation natürlich auf Gesten, Mooning, Flashing, Zeigefingerschießereien und sonstiges Theater, aber sie vertreibt wunderbar die Zeit. Leider (?) kamen unsere temporären Nachbarn nicht aus Norman, und so haben wir den letzten Teil der Reise ohne sie beschritten.
P.S.: Viele Grüße an Cynthias Mutter, die dieses Blog anscheinend gefunden hat bevor ich Cynthia das erste Mal getroffen habe.
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