Seit geraumer Zeit gibt es in den Begabtenförderungswerken in Deutschland eine Diskussion über soziale Gerechtigkeit, nicht zuletzt wegen der geplanten Erhöhung des Büchergelds auf 300 Euro, bei dem sich viele fragen, ob das Geld nicht andernorts sinnvoller eingesetzt wäre, zum Beispiel bei einer BAföG-ähnlichen Förderung, die auch vom Einkommen der Eltern abhängig ist.
Denn leider zeigt sich, dass in den Stipendienprogrammen eine extreme Ungleichheit herrscht, so dass oftmals aus einer gut gemeinten "Bestenförderung" leider nur eine "Oberschichtförderung" wird, die politisch vermieden werden muss. Das ist natürlich nicht nur die Schuld dieser Stipendienprogramme, denn wenn man sich ansieht, wer sich bei ihnen überhaupt bewirbt, dann sehen die Statistiken dort nicht viel besser aus.
Im konkreten Fall der Studienstiftung gibt es aber sicherlich Nachholbedarf, auch wenn der fragwürdige Chef des Ganzen, Gerhard Roth, das anders sieht (nach seiner Performance in Görlitz überrascht mich das nicht; aber ich bin mir recht sicher, dass Roth zumindest nicht die Mehrheit der Stipendiaten der Studienstiftung hinter sich hat). Denn selbst wenn die Auswahlgespräche tatsächlich nicht filternd wirken, muss jeder potentielle Stipendiat von seiner Schule oder einem Hochschullehrer vorgeschlagen werden. Naturgemäß spielen bei diesem Vorgang unbewusste Vorurteile eine wichtige Rolle, und nach dem Prinzip "Gleich und Gleich gesellt sich gern" wird eine Professorin eher solche Studenten vorschlagen, die ihr selbst in Verhaltensmustern ähnlich sind. Dabei haben Studenten, die aus akademischen Familien kommen, einen enormen Startvorteil.
Seit Kurzem gibt es die Möglichkeit der Selbstbewerbung, bei der man als Kandidat nicht mehr von einem Hochschullehrer vorgeschlagen werden muss. Ich denke, das ist ein Schritt in die richtige Richtung (auch wenn die prominente Platzierung einer Consulting-Firma extrem geschmacklos und für die Studienstiftung absolut unwürdig ist), wobei natürlich auch hier dank gut bekannter Selbstüber- bzw. -unterschätzungseffekte nicht unbedingt "die Richtigen" erwischt werden.
Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um das Bildungssystem in Deutschland gerecht zu machen. Es ist klar, dass die größten Fehler eher am Anfang gemacht werden. Aber wir dürfen das nicht als Ausrede verwenden, um die Probleme, die auch im Hochschulbereich existieren, zu ignorieren.
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