Posts mit dem Label Sicherheit werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Sicherheit werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, Juni 22, 2010

Ausbruch der Vernunft?

Bundesinnenminister de Maizière stellte heute ein Thesenpapier zur konservativen Netzpolitik vor, und nach einer Lektüre war ich erstmal sprachlos. Internet-relevante Vorschläge, die aus dieser politischen Ecke kommen, haben sich bis jetzt ja immer vor allem dadurch hervorgetan, dass sie einfach nur dumm waren, der Volksmund würde sagen: Dumm wie Brot. Die Vorstöße strotzten nur so vor Ideen, auf die man nur kommen kann, wenn man thematisch einfach keine Ahnung hat.

Dieses neue Thesenpapier liest sich auf einmal ganz anders, ja, es ist regelrecht vernünftig. Es zeigt ein Gefühl für Augenmaß und Ausgewogenheit, das ich in der heutigen Politik fast schon für unmöglich gehalten hatte.

Das bedeutet natürlich nicht, dass ich in allem mit de Maizière übereinstimmen würde. Wir kommen aber an den Punkt, an dem wir nur noch verschiedener Meinung sind weil er eben konservativ (im politischen Sinn, der sich vom Wortsinn bekanntermaßen unterscheidet) ist und ich nicht. Das ist ein gigantischer Fortschritt gegenüber der bisherigen Netzpolitikrealität.

Sicher, dieses Thesenpapier bleibt eher vage und man muss nicht mit jedem Punkt vollkommen übereinstimmen, aber wenn das so bleibt kann man nur sagen: Gratuliere, Piraten, und macht weiter so! Wir haben das euch zu verdanken.

Und als ob das nicht genug wäre, gibt der gleiche de Maizière heute offiziell bekannt, dass die Linke nicht verfassungsfeindlich ist. Auch das eine sehr erfreuliche, vernünftige Erkenntnis.

Und als ob auch das immer noch nicht genug wäre, bewegt sich die Regierungskoalition womöglich auch strafrechtlich in eine vernünftige Richtung.

Zugegeben, die letzten beiden Punkte sind eher klein verglichen mit der ersten Nachricht, aber an einem Tag gleich drei erfreuliche Nachrichten aus der Berliner Politik? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Wenn die Regierung jetzt auch noch volkswirtschaftliche Kompetenz zeigen würde, müsste dringend einmal jemand in der Hölle nach dem Thermostat sehen.

Samstag, August 29, 2009

Wer was zu verbergen hat...

Man kennt es schon lange, das Lieblingsargument der Befürworter des Überwachungsstaates in Deutschland und anderswo: Wer unschuldig ist habe nichts zu verbergen und brauche Überwachung daher nicht zu fürchten.

Ob diesen Leuten ihr eigenes Argument noch genauso gut schmeckt, wenn es in die umgekehrte Richtung Anwendung findet? Ganz konkret: Warum sollen die Umsetzungsvorgaben für Web-Sperren in Deutschland verheimlicht werden? Hat da vielleicht jemand ein schlechtes Gewissen?

Freitag, März 14, 2008

EC-Karten im Supermarkt

Das Phänomen ist sicherlich bekannt: Im Supermarkt hängen an der Kasse Spiegel von der Decke, wohl um den - de facto ja noch mehr als in der Informatik geschlechtsspezifischen - Kassiererinnen Einblick in Einkaufswagen oder Taschen der Kunden zu ermöglichen.

Ich habe heute eine neuen Zweck der Spiegel entdeckt. Ich konnte problemlos die PINs der beiden EC-Kartenbezahler vor mir in der Schlange ablesen, und Übung darin habe ich ja nun wirklich nicht. Nicht, dass ich mit diesen PINs irgendwas anfangen würde, aber für jemandem, dessen Beruf das geschickte Entwenden von EC-Karten ist, sind diese Spiegel eine geniale Erfindung.

Schon wieder habe ich einen Grund mehr, doch lieber mit echtem Geld zu bezahlen.

Sonntag, Februar 24, 2008

Sicherheitslücke im Bundestagswahlsystem

Nein, in diesem Eintrag wird es nicht um Wahlmaschinen gehen. Der Titel spricht schließlich auch von einer Sicherheitslücke und nicht von einem Sicherheitsloch, wie Wahlmaschinen fairerweise genannt werden müssen (klar war das schon immer, aber die Ereignisse bei der Landtagswahl in Hessen weisen noch einmal deutlich darauf hin).

Wie hoffentlich alle hinreichend alten Leser schon am eigenen Leib erfahren haben, hat man als Wähler bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Die Zweitstimme bestimmt gemäß dem Verhältnis die Anzahl an Sitzen, die einer Partei im Bundestag zustehen. Mit der Erststimme wird in jedem Wahlkreis ein Direktkandidat gewählt. Die Sitze jeder Partei werden - nach Bundesland - zunächst mit den gewählten Direktkandidaten der Partei besetzt, sofern vorhanden. Alle weiteren Sitze der Partei werden der Reihe nach mit den Kandidaten auf der Landesliste besetzt. Für den Fall, und hier wird es interessant, dass eine Partei in einem Bundesland mehr Direktkandidaten gewonnen hat als ihr gemäß der Zweitstimme Sitze zustehen würden, kommen trotzdem alle Direktkandidaten in den Bundestag, und es entstehen sogenannte Überhangmandate. Der Bundestag hat dann also mehr Mitglieder als eigentlich vorgesehen.

Jetzt wird es interessant für Parteien, die eine Chance haben, Direktkandidaten erfolgreich ins Rennen zu schicken. Wir alle wissen, dass das in der Praxis vor allem zwei Parteien sind, die ich aus Gründen der Neutralität Alice und Eve nennen werde. Nehmen wir an, Eve gewinnt in einer Bundestagswahl 230 Bundestagssitze gemäß Zweitstimmen. Davon werden 150 mit Direktkandidaten besetzt. (Die Zahlen sind erfunden, orientieren sich aber in etwa an den Wahlergebnissen von 2005.) Wenn es keine Überhangmandate gibt, hat Eve damit 38,5% der 598 Sitze im Bundestag - ein ordentlicher Brocken, aber weit davon entfernt, ohne Koalition eine Regierung bilden zu können.

Also gründet Eve eine Briefkastenpartei namens Ede und tritt bei der nächsten Wahl nur für die Zweitstimme an, während alle Direktkandidaten für Ede kandidieren. Ede tritt dafür ohne Landeslisten für die Zweitstimme an. In der Realität werden sich natürlich viele Menschen davon vergackeiert fühlen oder die Wahlstrategie gar nicht verstehen, aber nehmen wir mal an, Bob der Bürger ist naiv genug um mitzumachen ohne das sonstige Wahlergebnis zu verändern (wir schaffen das!). Dann hat Eve nach wie vor 230 Sitze durch Zweitstimmen gewonnen, während Ede 150 Überhangmandate erhält. Wenn sich sonst nichts am Wahlergebnis ändert, ergeben sich für die Partei damit insgesamt 50,8% der 748 Sitze im Bundestag - sechs Sitze über der absoluten Mehrheit.

Das Problem ist natürlich nicht unbekannt. Aber aus der Perspektive von jemandem, der schon endlose Debatten über Cheating in Netzwerkspielen geführt hat, ist es doch kurios, dass eine derart massive Lücke in einem System existiert ohne ausgebeutet zu werden. Das spricht wohl zum einen dafür, dass unsere Politik nicht ganz korrupt ist; schwerer wiegt allerdings mit Sicherheit, dass im sogenannten "Echten Leben" nicht die gleiche Anonymität herrscht wie im Internet.

Ach ja: Jegliche Ähnlichkeiten mit Charakteren aus Kryptographie oder Kindersendungen sind natürlich rein zufällig.