In der ZEIT dieser Woche las ich in einem Interview mit Herrn Schäuble folgende Aussage:
"Und umgekehrt fragen sich manche in der CDU: Wo bleibt in dieser Koalition eigentlich das CDU-Profil? Wobei ich sage: Es ist ordentlich viel CDU-Profil, wenn wir eineinhalb Millionen Arbeitslose weniger haben oder die Sozialleistungsquote an die 40 Prozent herangebracht haben." (Hervorhebung durch mich hinzugefügt)
Meint Herr Schäuble das ernst? Was ist, wenn die Arbeitslosenzahl steigt? Zeigt die Regierung dann FDP-Profil? In Wahrheit beansprucht doch jede Partei für sich, dass sie die Arbeitslosenzahl senken will und kann. Wenn Herr Schäuble sagen würde, die Arbeitslosenzahl sei wegen Maßnahme X gesunken, die wiederum eine typische CDU-Maßnahme ist, dann wäre alles in Ordnung - aber das tut er nicht.
Tatsächlich baut er durch seine Aussage auf subtile Weise einen üblen Mythos weiter auf - nämlich den Mythos, dass die CDU unabhängig von ihrem Handeln allein aufgrund der Tatsache, dass sie die CDU ist, zum Wirtschaftsaufschwung beiträgt. Ein solcher Anspruch durch eine politische Partei kann unmöglich richtig sein und fällt für mich ziemlich klar in die Kategorie "bewusste Verfälschung der Tatsachen".
Freitag, Juli 18, 2008
Freitag, Juli 11, 2008
Pizzaseminar in Paderborn
Für meine letzten Monate in Paderborn habe ich mir vorgenommen, eine Tradition, die ich in den USA kennengelernt habe, bei uns einzuführen. In Oklahoma gab es von Mathematikstudenten selbst organisierte Seminare, die ich immer sehr interessant fand. Ein solches Seminar wird es auch in der kommenden vorlesungsfreien Zeit bei uns geben, eine vorläufige Planung steht bereits.
Dabei wünsche ich mir, dass Studenten aus Mathematik und Informatik (dort de facto wohl hauptsächlich im Bereich MuA) über Themen, mit denen sie sich gut auskennen, vortragen - oft werden das Vorträge über eine Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit sein. Auf diese Weise kann man nochmals in gemütlicherer Situation das Vortragen üben, während man als Zuhörer hoffentlich einen Einblick in viele verschiedene, interessante Bereiche der Mathematik und Informatik erhält, und das auf einem für Studenten angemessenen Niveau.
Für die kommenden Monate sieht die Planung bereits ziemlich gut aus. Ob sich das Pizzaseminar in Paderborn wirklich als Tradition etabliert liegt dann freilich nicht mehr in meiner Hand, sondern im Engagement derer, die nach mir kommen.
Dabei wünsche ich mir, dass Studenten aus Mathematik und Informatik (dort de facto wohl hauptsächlich im Bereich MuA) über Themen, mit denen sie sich gut auskennen, vortragen - oft werden das Vorträge über eine Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit sein. Auf diese Weise kann man nochmals in gemütlicherer Situation das Vortragen üben, während man als Zuhörer hoffentlich einen Einblick in viele verschiedene, interessante Bereiche der Mathematik und Informatik erhält, und das auf einem für Studenten angemessenen Niveau.
Für die kommenden Monate sieht die Planung bereits ziemlich gut aus. Ob sich das Pizzaseminar in Paderborn wirklich als Tradition etabliert liegt dann freilich nicht mehr in meiner Hand, sondern im Engagement derer, die nach mir kommen.
Mittwoch, Juni 18, 2008
Plädoyer für die Menschlichkeit
Ich habe mich vor langer Zeit dazu überreden lassen, mich bei sogenannten "sozialen Netzwerken" im Internet anzumelden. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die jetzt wegen der AGB-Änderung des Tages überrascht sind und empört diesen Webseiten den Rücken zukehren. Tatsächlich benutze ich diese Seiten sowieso nur äußerst selten, meist, um mit physisch entfernten Menschen in Verbindung zu treten, die mir am Herzen liegen, die aber mit E-Mail leider etwas auf Kriegsfuß stehen.
Dennoch habe ich fast alles, was über mich auf diesen Seiten steht, gelöscht - aus einem Grund, der vielleicht etwas ungewöhnlich ist.
Vor Kurzem habe ich eines dieser "sozialen Netzwerke" nach längerer Pause wieder einmal betreten, weil ich eine "Freundschaftseinladung" erhalten habe. Wie es der Teufel so will habe ich dann in diesem Netzwerk herumgeklickt - ich weiß, dass es nicht gut für mich ist, aber die Verlockung der Links ist nunmal eine sehr mächtige - und bin dabei auf einen Menschen gestoßen, der mir sehr sympathisch ist, den ich aber (noch?) nicht besonders gut kenne.
Und auf dessen Seite habe ich mehr über ihn gelesen, als ich wissen wollte. Nun werde ich die Details hier aus guten Gründen weder breittreten noch breit treten. Bevor die Phantasie des Lesers durchgeht möchte ich allerdings betonen, dass es sich bei dem, was ich dort gelesen habe, keineswegs um verwerfliche oder unmoralische Dinge handelt. Wenn ich sie im normalen Gespräch mit jenem Menschen erfahren hätte wäre es die normalste Sache der Welt gewesen. Ich hätte die Tatsachen und diesen Menschen so akzeptiert, wie sie sind. Gut, vermutlich hätte ich mir meinen Teil dazu gedacht, aber es hätte meine Sympathie diesem Menschen gegenüber nicht angegriffen.
Nur habe ich sie eben nicht im Zuge des normalen Kennenlernens erfahren, sondern in einem leblosen Formular im Internet gelesen. Allein diese unnatürliche Präsentation vergiftete die Wirkung, die die eigentlich harmlose Information auf mich hatte. Zwar bin ich mir dessen bewusst und werde versuchen, diese Wirkung so gering wie möglich zu halten; aber letztendlich wird das nichts daran ändern, dass mir die Chance genommen wurde, diesen Menschen auf dem menschlichen Wege kennenzulernen. Tief in meinem Inneren wird es immer eine Stimme geben die mir einflüstert: "Aha, das habe ich ja im Internet schon gelesen!"
Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich zum Thema Datenschutz im Internet eine solide Meinung gebildet hatte, aber diese Erfahrung hat mich eines Besseren belehrt.
Wer um alles in der Welt etwas über mich herausfinden will, dem wird dies gelingen. Darüber besteht für mich kaum ein Zweifel, und in der Regel werde ich dem auch gar nicht im Weg stehen, im Gegenteil. Wer freundlich fragt erhält meist auch eine Antwort. Aber während ich die Kommunikationswerkzeuge dieser "sozialen Netzwerke" durchaus auch in Zukunft noch verwenden werde, habe ich nahezu alles, was dort von mir über mich geschrieben steht, gelöscht. Damit möchte ich anderen die Möglichkeit lassen, mich nicht als steriles Formular auf einer Webseite, sondern als Menschen kennenzulernen.
Dennoch habe ich fast alles, was über mich auf diesen Seiten steht, gelöscht - aus einem Grund, der vielleicht etwas ungewöhnlich ist.
Vor Kurzem habe ich eines dieser "sozialen Netzwerke" nach längerer Pause wieder einmal betreten, weil ich eine "Freundschaftseinladung" erhalten habe. Wie es der Teufel so will habe ich dann in diesem Netzwerk herumgeklickt - ich weiß, dass es nicht gut für mich ist, aber die Verlockung der Links ist nunmal eine sehr mächtige - und bin dabei auf einen Menschen gestoßen, der mir sehr sympathisch ist, den ich aber (noch?) nicht besonders gut kenne.
Und auf dessen Seite habe ich mehr über ihn gelesen, als ich wissen wollte. Nun werde ich die Details hier aus guten Gründen weder breittreten noch breit treten. Bevor die Phantasie des Lesers durchgeht möchte ich allerdings betonen, dass es sich bei dem, was ich dort gelesen habe, keineswegs um verwerfliche oder unmoralische Dinge handelt. Wenn ich sie im normalen Gespräch mit jenem Menschen erfahren hätte wäre es die normalste Sache der Welt gewesen. Ich hätte die Tatsachen und diesen Menschen so akzeptiert, wie sie sind. Gut, vermutlich hätte ich mir meinen Teil dazu gedacht, aber es hätte meine Sympathie diesem Menschen gegenüber nicht angegriffen.
Nur habe ich sie eben nicht im Zuge des normalen Kennenlernens erfahren, sondern in einem leblosen Formular im Internet gelesen. Allein diese unnatürliche Präsentation vergiftete die Wirkung, die die eigentlich harmlose Information auf mich hatte. Zwar bin ich mir dessen bewusst und werde versuchen, diese Wirkung so gering wie möglich zu halten; aber letztendlich wird das nichts daran ändern, dass mir die Chance genommen wurde, diesen Menschen auf dem menschlichen Wege kennenzulernen. Tief in meinem Inneren wird es immer eine Stimme geben die mir einflüstert: "Aha, das habe ich ja im Internet schon gelesen!"
Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich zum Thema Datenschutz im Internet eine solide Meinung gebildet hatte, aber diese Erfahrung hat mich eines Besseren belehrt.
Wer um alles in der Welt etwas über mich herausfinden will, dem wird dies gelingen. Darüber besteht für mich kaum ein Zweifel, und in der Regel werde ich dem auch gar nicht im Weg stehen, im Gegenteil. Wer freundlich fragt erhält meist auch eine Antwort. Aber während ich die Kommunikationswerkzeuge dieser "sozialen Netzwerke" durchaus auch in Zukunft noch verwenden werde, habe ich nahezu alles, was dort von mir über mich geschrieben steht, gelöscht. Damit möchte ich anderen die Möglichkeit lassen, mich nicht als steriles Formular auf einer Webseite, sondern als Menschen kennenzulernen.
Donnerstag, Mai 15, 2008
Lang lebe die Langeweile
Als Student hat man's nicht leicht; als Studentin auch nicht, aber erstens kann ich da weniger aus Erfahrung sprechen und zweitens will ich Frauen nicht durch doppelte Erwähnung bevorzugen. Daher belasse ich es im Folgenden beim einfachen generischen Maskulin in der Hoffnung, meine Leserinnen können diese Entscheidung nachvollziehen.
Es gibt viel zu tun im Studium, und das Klischee vom nichtstuenden Studenten ist, seit der Einführung von Bachelorstudiengängen sowieso, leider ziemlich falsch. Natürlich ist das aus egoistischen Gründen zu bedauern, aber das "leider" ist in diesem Fall gar nicht egoistisch gemeint - oder vielleicht doch, je nachdem aus welcher Warte man das Folgende betrachten mag.
Viel zu tun zu haben (auf bolognadeutsch nennt man das eine hohe Workload) hat nämlich - oh Wunder - zur Folge, dass man als Student weniger Leerlauf hat und damit nicht die Ruhe zur distanzierten Reflexion findet. Für erbsenzählende Wirtschaftswissenschaftler mag das in Ordnung sein (und der erboste Wirtschaftswissenschaften studierende Leser möge beachten, dass vor dem Nomen bewusst ein Adjektiv steht), für Mathematiker ist es fatal.
Am Besten erzähle ich dazu eine kleine Geschichte. Ich war in der letzten Woche in Lausanne zu Besuch bei Prof. Eisenbrand. Vordergründig ging es darum, meine Diplomarbeit voranzubringen, und das hat auch ganz gut geklappt. Viel wichtiger war aber, dass ich dort zwar in einer arbeitsamen Atmosphäre war, aber doch dem belasteten Unialltag entrückt.
Diese Kombination hat dazu geführt, dass ich mit einer neuen Ruhe über Kategorien nachgedacht habe, obwohl diese überhaupt nichts mit meiner Diplomarbeit zu tun hat. Ich hatte mit ihr vor über einem Jahr in der Vorlesung Darstellungen von Köchern zum ersten Mal Kontakt, aber so richtig anfreunden konnte ich mich mit all den kommutativen Diagrammen und universellen Eigenschaften nie.
Frei von jeglichem Druck von außen hat es in Lausanne dann auf einmal in ganz vieler Hinsicht geklickt. Es fällt mir schwer zu beschreiben, was da genau passiert ist. Jedenfalls verstehe ich jetzt auf intuitivere Art, was eine universelle Eigenschaft ist, was projektive und injektive Moduln oder Produkte und Coprodukte sind.
Diese Art der Erkenntnis lebt davon, dass man in Ruhe über ein Thema nachdenkt, dem eigenen Tempo und den eigenen Bedürfnissen folgend. Sie erfordert, dass man sich selbst Fragen stellt und nach ihren Antworten sucht. Dafür braucht es Langeweile. Sie ist die Mutter der Erkenntnis.
Es gibt viel zu tun im Studium, und das Klischee vom nichtstuenden Studenten ist, seit der Einführung von Bachelorstudiengängen sowieso, leider ziemlich falsch. Natürlich ist das aus egoistischen Gründen zu bedauern, aber das "leider" ist in diesem Fall gar nicht egoistisch gemeint - oder vielleicht doch, je nachdem aus welcher Warte man das Folgende betrachten mag.
Viel zu tun zu haben (auf bolognadeutsch nennt man das eine hohe Workload) hat nämlich - oh Wunder - zur Folge, dass man als Student weniger Leerlauf hat und damit nicht die Ruhe zur distanzierten Reflexion findet. Für erbsenzählende Wirtschaftswissenschaftler mag das in Ordnung sein (und der erboste Wirtschaftswissenschaften studierende Leser möge beachten, dass vor dem Nomen bewusst ein Adjektiv steht), für Mathematiker ist es fatal.
Am Besten erzähle ich dazu eine kleine Geschichte. Ich war in der letzten Woche in Lausanne zu Besuch bei Prof. Eisenbrand. Vordergründig ging es darum, meine Diplomarbeit voranzubringen, und das hat auch ganz gut geklappt. Viel wichtiger war aber, dass ich dort zwar in einer arbeitsamen Atmosphäre war, aber doch dem belasteten Unialltag entrückt.
Diese Kombination hat dazu geführt, dass ich mit einer neuen Ruhe über Kategorien nachgedacht habe, obwohl diese überhaupt nichts mit meiner Diplomarbeit zu tun hat. Ich hatte mit ihr vor über einem Jahr in der Vorlesung Darstellungen von Köchern zum ersten Mal Kontakt, aber so richtig anfreunden konnte ich mich mit all den kommutativen Diagrammen und universellen Eigenschaften nie.
Frei von jeglichem Druck von außen hat es in Lausanne dann auf einmal in ganz vieler Hinsicht geklickt. Es fällt mir schwer zu beschreiben, was da genau passiert ist. Jedenfalls verstehe ich jetzt auf intuitivere Art, was eine universelle Eigenschaft ist, was projektive und injektive Moduln oder Produkte und Coprodukte sind.
Diese Art der Erkenntnis lebt davon, dass man in Ruhe über ein Thema nachdenkt, dem eigenen Tempo und den eigenen Bedürfnissen folgend. Sie erfordert, dass man sich selbst Fragen stellt und nach ihren Antworten sucht. Dafür braucht es Langeweile. Sie ist die Mutter der Erkenntnis.
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