Keine Sorge, der nächste USA-relevante Blogeintrag ist schon in Arbeit. Aber zunächst einmal etwas ganz anderes.
Vor etwa einem halben Jahr hat mich Christoph auf einen Vortrag über Human Computation aufmerksam gemacht.
Offensichtlich haben noch mehr Leute diesen Vortrag gesehen. Allerdings sieht das bis jetzt weniger nach Symbiose zwischen Menschen und Computern aus, sondern mehr nach Parasiten.
Lerne, wie die Welt wirklich ist, aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
Montag, Oktober 29, 2007
Montag, Oktober 22, 2007
Ein ganz normales Wochenende
Einer Horde Koreanern ist gelungen, was noch nie jemandem zuvor gelungen ist, und so schnell auch niemandem mehr gelingen wird.
Aber ich fange von vorne an mit vorgestern, einem eigentlich ganz typischen Freitag (ja, ich weiß, dass der Server sagt, es ist Montag; das ist ein Zeitverschiebug). Emilie, Leroy, Silvia und ich sind mit dem Bus zur Union gefahren, um ein Preview von Dan in Real Life anzusehen. Ja, in der Student Union auf dem Campus gibt es einen waschechten Kinosaal. Da es in den Kinos hierzulande keine Platzkarten gibt, waren wir früher dran und haben uns in der Warteschlange mit Tiffany, einer Amerikanerin, die wir im Bus getroffen hatten, amüsiert. Wir haben auch noch eine Gruppe Japaner getroffen, die aber schon nach Hause wollten - zumindest Sachi mit gutem Grund namens Los Angeles.
Da 45 Minuten Wartezeit doch etwas lang sind, habe ich mir in Anlehnung an diesen Comic die Braille-Schriften, die hier auf den meisten einfachen Schildern zu finden sind, einmal genauer angesehen. Und tatsächlich: Auf einem Schild mit der Aufschrift "Presidents Room" (ja, die haben hier ein Zimmer mit Portraits früherer Uni-Präsidenten) standen in Braille nicht zwei, sondern drei Wörter. Die äußeren Wörter waren mit ziemlicher Sicherheit "Presidents Room", aber das mittlere Wort hat sich mir leider nicht erschlossen.
Der Film war übrigens eine ganz solide Komödie, aber nichts Weltbewegendes. Wäre sicherlich amüsantes Sneakmaterial, trotz sehr vorhersagbarer Story.
Im Anschluss sind wir zurück zu Traditions West gefahren und haben bei Silvia gekocht. Das heißt, eigentlich haben Leroy und Silvia gekocht. Ich habe Werkzeug besorgt, denn einmal mehr durfte ich feststellen, wie viel Glück ich mit dem gut ausgestatteten Apartment - unter anderem Kartoffelschäler und Korkenzieher - hier habe.
Nach einer leckeren Mahlzeit ging es dann zur Geburtstagsfeier von Ye Li, einer Koreanerin. Es gibt hier verschiedene Arten von Parties. Manche sind einfach nur total überfüllt, als wäre das Ziel, die maximale Kapazität der Apartments auszuloten. Dann stehen die Gäste so dicht aneinander gedrängt, dass einfach kein Durchkommen mehr ist, und der überwältigende Lärm stammt fast ausschließlich von Gesprächen. Angenehmer sind die Parties, bei denen etwas mehr Platz ist. Da wird dann gerne auch getanzt, oft südamerikanisch, einfach auf Grund der Herkunft der Leute. Zu guter Vorletzt kann man manchmal einfach gemütlich zusammensitzen.
Und dann gibt es die Koreaner. Als wir um ca. 11 Uhr zu Ye Lis Apartment gegangen sind, hat man schon von draußen lautes Geschrei und Gejubel gehört. Das ist eher ungewöhnlich, denn die Apartments sind erstaunlich gut schallisoliert. Drinnen bot sich dann ein amüsanter Anblick. Um den Tisch herum wurde ein Trinkspiel gespielt, bei dem jeder auf eine andere Person seiner Wahl zeigt. Jemand ruft eine Nummer, und dann wird, angefangen bei dem, der als letztes getrunken hat, entsprechend der gerufenen Nummer den Zeigefingern gefolgt. Der oder die so letztendlich Auserkorene muss den nächsten Schuss trinken, und das Ganze geht von vorne los.
Irgendwann hatten sie dann genug davon, und das nächste Trinkspiel wurde angefangen. Ye Li hatte zusammen mit Cindy, einer anderen Koreanerin, ein stark an Monopoly erinnerndes Spielfeld gebastelt, auf dem diverse Bars in und um Norman eingezeichnet waren. Auch das Spielprinzip erinnert stark an Monopoly, nur dass es kein Geld gibt. Stattdessen wird bezahlt, indem Wodka getrunken wird. Da natürlich nicht jeder einzeln spielen kann wird in Teams gespielt, und der Wodka auf die Teammitglieder aufgeteilt. Da dachte ich mir, ich probier das einfach mal aus.
Betrunken zu sein ist ein interessantes, wenn auch nicht ganz unbekanntes Gefühl. Im Wesentlichen ist der analytische und reflektierende Teil des Verstands gedämpft, aber das geht auch ohne Alkohol. Verrückte Dinge, wenn auch wahrscheinlich von leicht anderer Natur, tue ich auch im nüchternen Zustand genug. Im Gegensatz dazu stehen die unangenehmeren Effekten wie Gleichgewichtsstörung. Andere Effekte gibt es natürlich auch, zum Beispiel verstärkte Emotionen. Wirklich angenehm ist betrunken zu sein wohl nur, wenn man jemanden zum Kuscheln hat, aber wenn man jemanden zum Kuscheln hat, wozu dann Alkohol?
Nach dem 4,5-ten Schuss habe ich aufgehört in dem Wissen, dass die Alkoholkonzentration im Blut nachläufig ist, und mit dieser Entscheidung war ich nicht der einzige. Etwas später hat sich das Spiel dann endgültig verlaufen, Dominik hat den Sieg seines Teams verkündet, weil von uns anderen Teams niemand übrig war, und Ye Li war total wasted. Da sie deshalb schon kurz vor ein Uhr morgens von versammelter Mannschaft ins Bett gebracht wurde, war dann die Party vorbei und wir haben beschlossen, dass es vielleicht am Besten wäre, einfach auch ins Bett zu gehen.
Zuhause angekommen war ich dann doch noch neugierig und habe mich an ein Assignment in Convexity Theory gesetzt, bis ein Blatt vollgeschrieben war. Im Nachhinein betrachtet war meine Einschätzung im betrunkenen Zustand richtig. Die Beweise waren korrekt, wenn auch zum Teil etwas umständlich aufgeschrieben. Und ich habe eine Stunde für das Blatt gebraucht, was angesichts der einfachen Aufgaben mindestens doppelt so lang - eher dreimal so lang - wie üblich war. Trotzdem bin ich alles in allem mit dem Ergebnis zufrieden.
Allerdings war ich danach noch nicht müde, und nachdem ich etwa zwanzig Minuten lang zu einer Endlosschleife von "Kopfüber in die Hölle / Revolution" von den Ärzten (natürlich per Kopfhörer, ich bin schließlich verantwortungsbewusst) durchs Zimmer getanzt bin habe ich beschlossen, The Invisible anzuschauen. Der Film handelt von einem Jugendlichen, der von einer Klassenkameradin umgebracht wird - zumindest glaubt sein Geist das, bis er feststellt, dass sein Körper noch am Leben sein muss. So handelt der Rest des Films von seinem verzweifelten Versuch, das Gewissen von besagter Klassenkameradin zu wecken, und vom (zumindest für einen von ihnen) fatalen Verrat durch einen guten Freund. Hört sich merkwürdig an, ist aber durchaus sehenswert, allein schon weil der Film nicht in eins der typischen Standardmuster passt. Jetzt interessiert mich natürlich das schwedische Original und die Buchvorlage.
Um ca. 4 Uhr morgens bin ich dann letztendlich eingeschlafen, und um kurz vor 13 Uhr wurde ich vom Telefon geweckt (genauer gesagt von José, der den Anruf entgegengenommen hatte). Aissata und Yan haben mich unter dem Vorwand des dräuenden Halloween zum Shopping geschleppt. Mangels mitgenommener Kamera kann ich davon leider nicht adäquat berichten, aber eigentlich kann man es ganz gut auf einen Punkt bringen: Frauen sind definitiv überall auf der Welt im Grunde gleich, und dementsprechend sind auch die Läden im Grunde gleich. Da auch Männer definitiv überall auf der Welt im Grunde gleich sind, fließen sie auch hier in den USA nur als "afterthought" in den Entwurf der Läden ein.
Nachdem wir am Abend unseren Kram in Yans Büro verstaut hatten gingen wir zur "Fall-a-Fair" in der Union. Das ist eine kostenlose Mini-Fair, die von der Universität anlässlich des "Sooner Days", anscheinend eine Art Tag der offenen Tür, finanziert wurde. Ich musste dort einmal mehr feststellen, dass ich zu optimistisch bin. Amerikaner können einfach keine Brezeln backen, das scheint so eine Art Naturgesetz zu sein. Wir haben die Spielereien bewundert und Chinchillas und ein Stinktier gestreichelt. Nein, es hat nicht gestunken; nach Aussage des Betreuers wurde die entsprechende Drüse entfernt. Am Ende haben wir uns noch die Handflächen lesen lassen. Ich glaube den ganzen Kram ja nicht, aber da es sicherlich interessant sein könnte, das in Zukunft einmal nachzulesen oder mit den Aussagen einer anderen Wahrsagerin zu vergleichen:
Wenn ich etwas über 60 bin werde ich schwerwiegende Probleme mit der Gesundheit bekommen (autsch!), aber ich kann durchaus bis hundert Jahre und darüber hinaus alt werden (nicht schlecht...). Es gibt einen Beruf, der mich mein ganzes Leben lang faszinieren wird. Ich werde oft davon abschweifen und mich für andere Dinge interessieren, aber ich werde immer wieder zu dem einen Beruf zurückkehren, und das bis ans Lebensende (das hört sich an, als könnte es in Erfüllung gehen). Andere gehen in den Ruhestand, ich nicht (ich werde emeritiert!). Sie hat sehr, sehr viele Frauen in meinem Leben gesehen (ach ja?), und ich werde zwar letztendlich lange Zeit mit einer zusammenbleiben, aber mein Herz wird sich nie ganz sicher sein, ob sie die Richtige ist (geht's noch frustrierender?), und das wird noch spät zu Problemen führen (ja, es geht!). Sie sieht ein Kind, und zwar eine Tochter (diese Aussage erlaubt eine interessante, wenn auch nicht gerade erfreuliche Interpretation).
Nun ja. Nach George W. Bush ist das Schlechte an der Zukunft, dass Vorhersagen, die die Zukunft betreffen, äußerst schwierig sind. Ich sage, das Schöne an der Zukunft ist, dass man sie ändern kann.
P.S.: All diejenigen, die behauptet haben, ich würde den widerlichen Geschmack von Alkohol nicht mehr erkennen, wenn ich betrunken bin, muss ich leider enttäuschen. Ich hatte eben doch Recht.
Aber ich fange von vorne an mit vorgestern, einem eigentlich ganz typischen Freitag (ja, ich weiß, dass der Server sagt, es ist Montag; das ist ein Zeitverschiebug). Emilie, Leroy, Silvia und ich sind mit dem Bus zur Union gefahren, um ein Preview von Dan in Real Life anzusehen. Ja, in der Student Union auf dem Campus gibt es einen waschechten Kinosaal. Da es in den Kinos hierzulande keine Platzkarten gibt, waren wir früher dran und haben uns in der Warteschlange mit Tiffany, einer Amerikanerin, die wir im Bus getroffen hatten, amüsiert. Wir haben auch noch eine Gruppe Japaner getroffen, die aber schon nach Hause wollten - zumindest Sachi mit gutem Grund namens Los Angeles.
Da 45 Minuten Wartezeit doch etwas lang sind, habe ich mir in Anlehnung an diesen Comic die Braille-Schriften, die hier auf den meisten einfachen Schildern zu finden sind, einmal genauer angesehen. Und tatsächlich: Auf einem Schild mit der Aufschrift "Presidents Room" (ja, die haben hier ein Zimmer mit Portraits früherer Uni-Präsidenten) standen in Braille nicht zwei, sondern drei Wörter. Die äußeren Wörter waren mit ziemlicher Sicherheit "Presidents Room", aber das mittlere Wort hat sich mir leider nicht erschlossen.
Der Film war übrigens eine ganz solide Komödie, aber nichts Weltbewegendes. Wäre sicherlich amüsantes Sneakmaterial, trotz sehr vorhersagbarer Story.
Im Anschluss sind wir zurück zu Traditions West gefahren und haben bei Silvia gekocht. Das heißt, eigentlich haben Leroy und Silvia gekocht. Ich habe Werkzeug besorgt, denn einmal mehr durfte ich feststellen, wie viel Glück ich mit dem gut ausgestatteten Apartment - unter anderem Kartoffelschäler und Korkenzieher - hier habe.
Nach einer leckeren Mahlzeit ging es dann zur Geburtstagsfeier von Ye Li, einer Koreanerin. Es gibt hier verschiedene Arten von Parties. Manche sind einfach nur total überfüllt, als wäre das Ziel, die maximale Kapazität der Apartments auszuloten. Dann stehen die Gäste so dicht aneinander gedrängt, dass einfach kein Durchkommen mehr ist, und der überwältigende Lärm stammt fast ausschließlich von Gesprächen. Angenehmer sind die Parties, bei denen etwas mehr Platz ist. Da wird dann gerne auch getanzt, oft südamerikanisch, einfach auf Grund der Herkunft der Leute. Zu guter Vorletzt kann man manchmal einfach gemütlich zusammensitzen.
Und dann gibt es die Koreaner. Als wir um ca. 11 Uhr zu Ye Lis Apartment gegangen sind, hat man schon von draußen lautes Geschrei und Gejubel gehört. Das ist eher ungewöhnlich, denn die Apartments sind erstaunlich gut schallisoliert. Drinnen bot sich dann ein amüsanter Anblick. Um den Tisch herum wurde ein Trinkspiel gespielt, bei dem jeder auf eine andere Person seiner Wahl zeigt. Jemand ruft eine Nummer, und dann wird, angefangen bei dem, der als letztes getrunken hat, entsprechend der gerufenen Nummer den Zeigefingern gefolgt. Der oder die so letztendlich Auserkorene muss den nächsten Schuss trinken, und das Ganze geht von vorne los.
Irgendwann hatten sie dann genug davon, und das nächste Trinkspiel wurde angefangen. Ye Li hatte zusammen mit Cindy, einer anderen Koreanerin, ein stark an Monopoly erinnerndes Spielfeld gebastelt, auf dem diverse Bars in und um Norman eingezeichnet waren. Auch das Spielprinzip erinnert stark an Monopoly, nur dass es kein Geld gibt. Stattdessen wird bezahlt, indem Wodka getrunken wird. Da natürlich nicht jeder einzeln spielen kann wird in Teams gespielt, und der Wodka auf die Teammitglieder aufgeteilt. Da dachte ich mir, ich probier das einfach mal aus.
Betrunken zu sein ist ein interessantes, wenn auch nicht ganz unbekanntes Gefühl. Im Wesentlichen ist der analytische und reflektierende Teil des Verstands gedämpft, aber das geht auch ohne Alkohol. Verrückte Dinge, wenn auch wahrscheinlich von leicht anderer Natur, tue ich auch im nüchternen Zustand genug. Im Gegensatz dazu stehen die unangenehmeren Effekten wie Gleichgewichtsstörung. Andere Effekte gibt es natürlich auch, zum Beispiel verstärkte Emotionen. Wirklich angenehm ist betrunken zu sein wohl nur, wenn man jemanden zum Kuscheln hat, aber wenn man jemanden zum Kuscheln hat, wozu dann Alkohol?
Nach dem 4,5-ten Schuss habe ich aufgehört in dem Wissen, dass die Alkoholkonzentration im Blut nachläufig ist, und mit dieser Entscheidung war ich nicht der einzige. Etwas später hat sich das Spiel dann endgültig verlaufen, Dominik hat den Sieg seines Teams verkündet, weil von uns anderen Teams niemand übrig war, und Ye Li war total wasted. Da sie deshalb schon kurz vor ein Uhr morgens von versammelter Mannschaft ins Bett gebracht wurde, war dann die Party vorbei und wir haben beschlossen, dass es vielleicht am Besten wäre, einfach auch ins Bett zu gehen.
Zuhause angekommen war ich dann doch noch neugierig und habe mich an ein Assignment in Convexity Theory gesetzt, bis ein Blatt vollgeschrieben war. Im Nachhinein betrachtet war meine Einschätzung im betrunkenen Zustand richtig. Die Beweise waren korrekt, wenn auch zum Teil etwas umständlich aufgeschrieben. Und ich habe eine Stunde für das Blatt gebraucht, was angesichts der einfachen Aufgaben mindestens doppelt so lang - eher dreimal so lang - wie üblich war. Trotzdem bin ich alles in allem mit dem Ergebnis zufrieden.
Allerdings war ich danach noch nicht müde, und nachdem ich etwa zwanzig Minuten lang zu einer Endlosschleife von "Kopfüber in die Hölle / Revolution" von den Ärzten (natürlich per Kopfhörer, ich bin schließlich verantwortungsbewusst) durchs Zimmer getanzt bin habe ich beschlossen, The Invisible anzuschauen. Der Film handelt von einem Jugendlichen, der von einer Klassenkameradin umgebracht wird - zumindest glaubt sein Geist das, bis er feststellt, dass sein Körper noch am Leben sein muss. So handelt der Rest des Films von seinem verzweifelten Versuch, das Gewissen von besagter Klassenkameradin zu wecken, und vom (zumindest für einen von ihnen) fatalen Verrat durch einen guten Freund. Hört sich merkwürdig an, ist aber durchaus sehenswert, allein schon weil der Film nicht in eins der typischen Standardmuster passt. Jetzt interessiert mich natürlich das schwedische Original und die Buchvorlage.
Um ca. 4 Uhr morgens bin ich dann letztendlich eingeschlafen, und um kurz vor 13 Uhr wurde ich vom Telefon geweckt (genauer gesagt von José, der den Anruf entgegengenommen hatte). Aissata und Yan haben mich unter dem Vorwand des dräuenden Halloween zum Shopping geschleppt. Mangels mitgenommener Kamera kann ich davon leider nicht adäquat berichten, aber eigentlich kann man es ganz gut auf einen Punkt bringen: Frauen sind definitiv überall auf der Welt im Grunde gleich, und dementsprechend sind auch die Läden im Grunde gleich. Da auch Männer definitiv überall auf der Welt im Grunde gleich sind, fließen sie auch hier in den USA nur als "afterthought" in den Entwurf der Läden ein.
Nachdem wir am Abend unseren Kram in Yans Büro verstaut hatten gingen wir zur "Fall-a-Fair" in der Union. Das ist eine kostenlose Mini-Fair, die von der Universität anlässlich des "Sooner Days", anscheinend eine Art Tag der offenen Tür, finanziert wurde. Ich musste dort einmal mehr feststellen, dass ich zu optimistisch bin. Amerikaner können einfach keine Brezeln backen, das scheint so eine Art Naturgesetz zu sein. Wir haben die Spielereien bewundert und Chinchillas und ein Stinktier gestreichelt. Nein, es hat nicht gestunken; nach Aussage des Betreuers wurde die entsprechende Drüse entfernt. Am Ende haben wir uns noch die Handflächen lesen lassen. Ich glaube den ganzen Kram ja nicht, aber da es sicherlich interessant sein könnte, das in Zukunft einmal nachzulesen oder mit den Aussagen einer anderen Wahrsagerin zu vergleichen:
Wenn ich etwas über 60 bin werde ich schwerwiegende Probleme mit der Gesundheit bekommen (autsch!), aber ich kann durchaus bis hundert Jahre und darüber hinaus alt werden (nicht schlecht...). Es gibt einen Beruf, der mich mein ganzes Leben lang faszinieren wird. Ich werde oft davon abschweifen und mich für andere Dinge interessieren, aber ich werde immer wieder zu dem einen Beruf zurückkehren, und das bis ans Lebensende (das hört sich an, als könnte es in Erfüllung gehen). Andere gehen in den Ruhestand, ich nicht (ich werde emeritiert!). Sie hat sehr, sehr viele Frauen in meinem Leben gesehen (ach ja?), und ich werde zwar letztendlich lange Zeit mit einer zusammenbleiben, aber mein Herz wird sich nie ganz sicher sein, ob sie die Richtige ist (geht's noch frustrierender?), und das wird noch spät zu Problemen führen (ja, es geht!). Sie sieht ein Kind, und zwar eine Tochter (diese Aussage erlaubt eine interessante, wenn auch nicht gerade erfreuliche Interpretation).
Nun ja. Nach George W. Bush ist das Schlechte an der Zukunft, dass Vorhersagen, die die Zukunft betreffen, äußerst schwierig sind. Ich sage, das Schöne an der Zukunft ist, dass man sie ändern kann.
P.S.: All diejenigen, die behauptet haben, ich würde den widerlichen Geschmack von Alkohol nicht mehr erkennen, wenn ich betrunken bin, muss ich leider enttäuschen. Ich hatte eben doch Recht.
Donnerstag, Oktober 18, 2007
Ach so.
"What they actually believe is that a cosmic Jewish zombie who was his own father can make you live forever if you symbolically eat his flesh and drink his blood and telepathically tell him you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in all humans because a woman made from a rib was convinced by a talking snake to eat from a magical tree and thereby pissing off an invisible wizard who lives in the sky. Makes perfect sense really."
Manchmal ist das Internet einfach köstlich. Gesehen auf Slashdot in einer Diskussion über frühe Menschen.
Manchmal ist das Internet einfach köstlich. Gesehen auf Slashdot in einer Diskussion über frühe Menschen.
... und jetzt ist er vier Jahre alt
Ich komme gerade von meinem Midterm in Introduction to Differential Geometry - meinem ersten und vorläufig einzigem Exam hier - zurück, und meine Güte, leicht ist gar kein Ausdruck. Ich fühle mich an den LK Physik erinnert, in dem unser Lehrer Simmerl immer zu etwa zwei Dritteln Aufgaben aus früheren Abiturklausuren gestellt hat. Da jeder von uns Bücher mit alten Abituraufgaben samt Lösungen hatte, war das schon etwas lächerlich. Die Klausur heute bestand zu 90% aus Aufgaben, die bereits als Assignments gestellt wurden und war dann auch noch ein "Open book exam". Trotzdem waren fünf von sieben Leuten im Kurs auch nach 50 von 60 Minuten in die Arbeit vertieft. Nun ja. Nachdem ich das Treiben ein wenig beobachtet hatte bin ich früher gegangen, um einen früheren Bus nach Hause zu erwischen, aber das ist eine andere Geschichte.
Gestern erst habe ich mich mit Nilson, einem meiner kolumbianischen Mitbewohner, darüber unterhalten, dass Menschen gerne übers Wetter reden, wenn sie über nichts reden wollen. Hier an der OU hat das Wetter natürlich dank National Weather Center nochmal einen ganz anderen Stellenwert (und man kann sich über Tornados, ähh, ich meine natürlich Tornados unterhalten!), aber das ist hier nicht der Punkt. Worauf ich hinaus will ist, dass es unter internationalen Studenten ungefähr genauso beliebt ist, sich über die vielen Exams, Quizzes und Papers zu beschweren. Für fast alle ist die Arbeitslast hier anscheinend größer als in der jeweiligen Heimat. Angenehmerweise kann ich da nicht mitreden, denn zumindest die offiziell geforderte Arbeitslast ist hier definitiv niedriger als bei uns in Paderborn.
Ich habe hier vier Vorlesungen, die jeweils nominell drei Wochenstunden haben. Man muss dazu wissen, dass alle meine Vorlesungen (und überhaupt die meisten der Vorlesungen uniweit) auf einer von zwei Schienen laufen. Einmal gibt es die MWF-Schiene, das bedeutet montags, mittwochs und freitags jeweils 50 Minuten, und die TR-Schiene, das bedeutet dienstags und donnerstags jeweils 75 Minuten. Zusätzliche Übungsgruppen gibt es nicht, woraus ein recht überschaubarer und vor allem einfacher Stundenplan entsteht, denn statt fünf muss man sich nur zwei Tage merken.
Es wird durchaus erwartet, dass man Vorlesungen nacharbeitet, aber etwa regelmässige Übungszettel gibt es in keiner meiner Vorlesungen. Am nächsten kommt Convexity Theory, wo Übungsaufgaben regelmässig an der Tafel vorgestellt werden. Und da ich nun schon zwei Vorlesungen erwähnt habe und sich die geneigte Leserin sicher die Frage stellt:
Meine erste Vorlesung MWF von 9.30 bis 10.20 ist Advanced Numerical Analysis I, eine meiner zwei Vorlesungen auf Graduate Level. So Advanced wie der Titel behauptet ist die Vorlesung natürlich nicht, aber sie deckt mit adäquatem Tempo ganz interessante Themen ab, z.B. Konvergenz von verschiedenen Varianten der Newton-Methode im R^n und die Conjugate Gradient Method zum Lösen von symmetrisch positiv definiten linearen Gleichungssystemen.
Direkt im Anschluss, von 10.30 bis 11.20, geht es in die Tiefkühlräume im Erdgeschoss für Convexity Theory, was sich am besten als Nelius-Vorlesung beschreiben lässt. Da wird auf Details rumgehackt und Dinge werden fünfmal wiederholt (gerne auch noch ein sechstes Mal). Thema sind, nachdem der ganze einfache Topologiekram endlich vorbei ist, z.B. ein Satz von Carathéodory und Separierbarkeit von konvexen Mengen.
TR geht es dann schon von 9.00 bis 10.15 mit Introduction to Differential Geometry los. Die Vorlesung ist bei einem lustigen Chinesen, an dessen "you low" = "you know" ich mich zum Glück rasch gewöhnt habe. Hier geht es um Kurven und Flächen im R^3, also Dinge, die ich in Hilgerts Global Analysis schon gesehen habe, nur nochmal auf anschaulich und deutlich weniger allgemein - und vor allem viel, viel langsamer. Es kommen aber auch ein paar Themen dazu, z.B. Frenet frames und die isoperimetrische Ungleichung. Und jede Stunde fragt er von Neuem, ob die Beweise auch nicht zu schwierig sind...
Von 13.30 bis 14.45 (ups, ich meine natürlich 1.30 bis 2.45) habe ich dann meine zweite Vorlesung auf Graduate Level, Topics in Number Theory. Das ist finsterste Algebra bei einem etwas merkwürdigen, aber sehr rigorosen Kauz. Prinzipiell geht es um diophantische Gleichungen, also ganzzahlige Lösungen von Polynomgleichungen in mehreren Variablen, aber man verliert sich leicht im Dschungel von algebraischen Körpererweiterungen und Moduln über Ringen von algebraischen ganzen Zahlen. Diese Vorlesung ist definitiv anspruchsvoll und ich würde nicht behaupten, den Überblick über das ganze Thema zu haben, vor allem, weil das alles wenig anschaulich ist.
Nebenbei besuche ich noch regelmässig zwei Seminare, im zweiten habe ich auch selbst einen Vortrag gehalten.
Als kleine Schlussbemerkung sollte ich vielleicht noch sagen, dass Analysis II bei Hilgert verdammt viel gebracht hat. Die Vorlesung war zwar eine Tortur; dafür muss ich jetzt nicht wie der Prof in Advanced Numerical Analysis mit partiellen Ableitungen rumhantieren, sondern sehe die Lösung von bestimmten Problemen sofort. Auch in Introduction to Differential Geometry hilft es enorm, wenn man nicht immer auf die Koordinatenebene gehen muss, sondern auf der Ebene von Vektoren und Matrizen denken kann.
P.S.: Es herrscht gewisse Uneinigkeit über das Alter. Wikiquote sagt, er ist jetzt drei Jahre alt, aber der erste Treffer bei einer Google-Suche spricht von vier Jahren. Andere Quellen reden sogar von fünf Jahren. Ich denke, der Median ist eine angemessene Wahl.
Gestern erst habe ich mich mit Nilson, einem meiner kolumbianischen Mitbewohner, darüber unterhalten, dass Menschen gerne übers Wetter reden, wenn sie über nichts reden wollen. Hier an der OU hat das Wetter natürlich dank National Weather Center nochmal einen ganz anderen Stellenwert (und man kann sich über Tornados, ähh, ich meine natürlich Tornados unterhalten!), aber das ist hier nicht der Punkt. Worauf ich hinaus will ist, dass es unter internationalen Studenten ungefähr genauso beliebt ist, sich über die vielen Exams, Quizzes und Papers zu beschweren. Für fast alle ist die Arbeitslast hier anscheinend größer als in der jeweiligen Heimat. Angenehmerweise kann ich da nicht mitreden, denn zumindest die offiziell geforderte Arbeitslast ist hier definitiv niedriger als bei uns in Paderborn.
Ich habe hier vier Vorlesungen, die jeweils nominell drei Wochenstunden haben. Man muss dazu wissen, dass alle meine Vorlesungen (und überhaupt die meisten der Vorlesungen uniweit) auf einer von zwei Schienen laufen. Einmal gibt es die MWF-Schiene, das bedeutet montags, mittwochs und freitags jeweils 50 Minuten, und die TR-Schiene, das bedeutet dienstags und donnerstags jeweils 75 Minuten. Zusätzliche Übungsgruppen gibt es nicht, woraus ein recht überschaubarer und vor allem einfacher Stundenplan entsteht, denn statt fünf muss man sich nur zwei Tage merken.
Es wird durchaus erwartet, dass man Vorlesungen nacharbeitet, aber etwa regelmässige Übungszettel gibt es in keiner meiner Vorlesungen. Am nächsten kommt Convexity Theory, wo Übungsaufgaben regelmässig an der Tafel vorgestellt werden. Und da ich nun schon zwei Vorlesungen erwähnt habe und sich die geneigte Leserin sicher die Frage stellt:
Meine erste Vorlesung MWF von 9.30 bis 10.20 ist Advanced Numerical Analysis I, eine meiner zwei Vorlesungen auf Graduate Level. So Advanced wie der Titel behauptet ist die Vorlesung natürlich nicht, aber sie deckt mit adäquatem Tempo ganz interessante Themen ab, z.B. Konvergenz von verschiedenen Varianten der Newton-Methode im R^n und die Conjugate Gradient Method zum Lösen von symmetrisch positiv definiten linearen Gleichungssystemen.
Direkt im Anschluss, von 10.30 bis 11.20, geht es in die Tiefkühlräume im Erdgeschoss für Convexity Theory, was sich am besten als Nelius-Vorlesung beschreiben lässt. Da wird auf Details rumgehackt und Dinge werden fünfmal wiederholt (gerne auch noch ein sechstes Mal). Thema sind, nachdem der ganze einfache Topologiekram endlich vorbei ist, z.B. ein Satz von Carathéodory und Separierbarkeit von konvexen Mengen.
TR geht es dann schon von 9.00 bis 10.15 mit Introduction to Differential Geometry los. Die Vorlesung ist bei einem lustigen Chinesen, an dessen "you low" = "you know" ich mich zum Glück rasch gewöhnt habe. Hier geht es um Kurven und Flächen im R^3, also Dinge, die ich in Hilgerts Global Analysis schon gesehen habe, nur nochmal auf anschaulich und deutlich weniger allgemein - und vor allem viel, viel langsamer. Es kommen aber auch ein paar Themen dazu, z.B. Frenet frames und die isoperimetrische Ungleichung. Und jede Stunde fragt er von Neuem, ob die Beweise auch nicht zu schwierig sind...
Von 13.30 bis 14.45 (ups, ich meine natürlich 1.30 bis 2.45) habe ich dann meine zweite Vorlesung auf Graduate Level, Topics in Number Theory. Das ist finsterste Algebra bei einem etwas merkwürdigen, aber sehr rigorosen Kauz. Prinzipiell geht es um diophantische Gleichungen, also ganzzahlige Lösungen von Polynomgleichungen in mehreren Variablen, aber man verliert sich leicht im Dschungel von algebraischen Körpererweiterungen und Moduln über Ringen von algebraischen ganzen Zahlen. Diese Vorlesung ist definitiv anspruchsvoll und ich würde nicht behaupten, den Überblick über das ganze Thema zu haben, vor allem, weil das alles wenig anschaulich ist.
Nebenbei besuche ich noch regelmässig zwei Seminare, im zweiten habe ich auch selbst einen Vortrag gehalten.
Als kleine Schlussbemerkung sollte ich vielleicht noch sagen, dass Analysis II bei Hilgert verdammt viel gebracht hat. Die Vorlesung war zwar eine Tortur; dafür muss ich jetzt nicht wie der Prof in Advanced Numerical Analysis mit partiellen Ableitungen rumhantieren, sondern sehe die Lösung von bestimmten Problemen sofort. Auch in Introduction to Differential Geometry hilft es enorm, wenn man nicht immer auf die Koordinatenebene gehen muss, sondern auf der Ebene von Vektoren und Matrizen denken kann.
P.S.: Es herrscht gewisse Uneinigkeit über das Alter. Wikiquote sagt, er ist jetzt drei Jahre alt, aber der erste Treffer bei einer Google-Suche spricht von vier Jahren. Andere Quellen reden sogar von fünf Jahren. Ich denke, der Median ist eine angemessene Wahl.
Uns sie wundern sich noch, warum die Welt sie hasst...
Eigentlich wollte ich in diesem Blog mit Kommentaren zur Politik in den USA sparsam umgehen und nur über meine persönlichen Erfahrungen in diesem Land berichten. Aber wenn einem so der Kragen platzt wie vorgestern abend beim Blick in die Fernsehnachrichten, dann gehört das wohl zur persönlichen Erfahrung dazu.
Vor einem guten Monat war das heiße Thema in den Nachrichten hier der Bericht von General Petraeus über die Lage im Irak. Nun ist es so, dass eine große Mehrheit der Amerikaner extrem militärgläubig ist. Zumindest würde man, um das mal in ein Verhältnis zu setzen, bei uns kaum eine Gruppe Soldaten mit Fahnen an den Rand eines Fußballfelds stellen (natürlich ist Deutschland in die andere Richtung extrem, aber ich stehe dazu, dass man Menschen mit Waffen erstmal misstrauen sollte).
Das bleibt im politischen Diskurs nicht folgenlos. Die härtesten Kriegsgegner betonen stets "We support our troops", denn wer auch nur andeutet, dass das Militär selbst von Natur aus ein Teil des Problem sein könnte, wird medial gelyncht.
Einige Amerikaner denken aber auch, dass genau dieser Glaube ans Militär gerne von der Regierung missbraucht werde. Schließlich könne man in einer Zeit, in der klar wird, dass Bush als unbeliebtester Präsident der Geschichte aus dem Amt scheiden wird, ein bißchen Glaubwürdigkeit gut gebrauchen. Sie verweisen dabei darauf, dass die selbe Strategie vor nicht allzu langer Zeit schon einmal verwendet wurde, als Colin Powell versucht hat, die UN von einer Invasion im Irak zu überzeugen. Damals hat offensichtlich Powells militärischer Hintergrund wesentlich dazu beigetragen, dass die Mehrheit der amerikanischen Medien und Bevölkerung seine Aussagen für bare Münze gehalten hat. Denn wer würde schon die Aussagen eines (Ex-)Militärs in Frage stellen?
Dieser und ähnlicher Kritik hat eine NGO ein Sprachrohr verschafft, indem sie General Petraeus mit einer Anzeige in der New York Times kritisiert hat. Die Reaktion der Medien darauf war unvorstellbar. Ohne überhaupt auf die Anzeige einzugehen wurde sie als "widerlich und verwerflich" bezeichnet - einfach nur auf der Basis, dass darin ein General kritisiert wurde. Noch viel bizarrer ist, dass der US-Senat die Anzeige in einer Abstimmung verurteilt hat. Man kann von der Anzeige halten, was man will, aber eine solche Handlung der Legislative in einem vorgeblich demokratischen Land sollte einem zu denken geben. Immerhin gibt es auch Amerikaner, die einen etwas vernünftigeren Blick auf die ganze Angelegenheit haben.
Nun kann man sich als Ausländer denken, die Amerikaner sind halt einfach ein merkwürdiges Völkchen, und mental davon Notiz nehmen, dass man bei Kritik am Militär Amerikanern gegenüber etwas vorsichtiger sein sollte. Aber dann kommt General Sanchez und kritisiert öffentlich die ganze Situation im Irak und überhaupt. Mit dem frisch erworbenen USA-Wissen würde man meinen, dass man nun in sich geht und fragt, wie es dazu kommt, dass ein General sowas sagt.
Aber nein, das ist nicht, was in diesem politisch so verlogenen Land passiert. Die selben Kommentatoren, die die Kritik an General Petraeus so heftig verurteilt haben ohne auf Argumente einzugehen, werfen jetzt diesem anderen General vor, er sei selbst für die Situation verantwortlich und überhaupt sei er irgendwie ein Spinner. Davon, dass das, was General Sanchez inhaltlich gesagt hat, vielleicht in die Politik einfließen sollte, ist nichts zu hören. Nicht ein Wort.
Ich bin froh, dass ich kein Amerikaner bin. Ich weiß nicht, wie ich dieses Affentheater aushalten würde.
Vor einem guten Monat war das heiße Thema in den Nachrichten hier der Bericht von General Petraeus über die Lage im Irak. Nun ist es so, dass eine große Mehrheit der Amerikaner extrem militärgläubig ist. Zumindest würde man, um das mal in ein Verhältnis zu setzen, bei uns kaum eine Gruppe Soldaten mit Fahnen an den Rand eines Fußballfelds stellen (natürlich ist Deutschland in die andere Richtung extrem, aber ich stehe dazu, dass man Menschen mit Waffen erstmal misstrauen sollte).
Das bleibt im politischen Diskurs nicht folgenlos. Die härtesten Kriegsgegner betonen stets "We support our troops", denn wer auch nur andeutet, dass das Militär selbst von Natur aus ein Teil des Problem sein könnte, wird medial gelyncht.
Einige Amerikaner denken aber auch, dass genau dieser Glaube ans Militär gerne von der Regierung missbraucht werde. Schließlich könne man in einer Zeit, in der klar wird, dass Bush als unbeliebtester Präsident der Geschichte aus dem Amt scheiden wird, ein bißchen Glaubwürdigkeit gut gebrauchen. Sie verweisen dabei darauf, dass die selbe Strategie vor nicht allzu langer Zeit schon einmal verwendet wurde, als Colin Powell versucht hat, die UN von einer Invasion im Irak zu überzeugen. Damals hat offensichtlich Powells militärischer Hintergrund wesentlich dazu beigetragen, dass die Mehrheit der amerikanischen Medien und Bevölkerung seine Aussagen für bare Münze gehalten hat. Denn wer würde schon die Aussagen eines (Ex-)Militärs in Frage stellen?
Dieser und ähnlicher Kritik hat eine NGO ein Sprachrohr verschafft, indem sie General Petraeus mit einer Anzeige in der New York Times kritisiert hat. Die Reaktion der Medien darauf war unvorstellbar. Ohne überhaupt auf die Anzeige einzugehen wurde sie als "widerlich und verwerflich" bezeichnet - einfach nur auf der Basis, dass darin ein General kritisiert wurde. Noch viel bizarrer ist, dass der US-Senat die Anzeige in einer Abstimmung verurteilt hat. Man kann von der Anzeige halten, was man will, aber eine solche Handlung der Legislative in einem vorgeblich demokratischen Land sollte einem zu denken geben. Immerhin gibt es auch Amerikaner, die einen etwas vernünftigeren Blick auf die ganze Angelegenheit haben.
Nun kann man sich als Ausländer denken, die Amerikaner sind halt einfach ein merkwürdiges Völkchen, und mental davon Notiz nehmen, dass man bei Kritik am Militär Amerikanern gegenüber etwas vorsichtiger sein sollte. Aber dann kommt General Sanchez und kritisiert öffentlich die ganze Situation im Irak und überhaupt. Mit dem frisch erworbenen USA-Wissen würde man meinen, dass man nun in sich geht und fragt, wie es dazu kommt, dass ein General sowas sagt.
Aber nein, das ist nicht, was in diesem politisch so verlogenen Land passiert. Die selben Kommentatoren, die die Kritik an General Petraeus so heftig verurteilt haben ohne auf Argumente einzugehen, werfen jetzt diesem anderen General vor, er sei selbst für die Situation verantwortlich und überhaupt sei er irgendwie ein Spinner. Davon, dass das, was General Sanchez inhaltlich gesagt hat, vielleicht in die Politik einfließen sollte, ist nichts zu hören. Nicht ein Wort.
Ich bin froh, dass ich kein Amerikaner bin. Ich weiß nicht, wie ich dieses Affentheater aushalten würde.
Montag, Oktober 15, 2007
Banshees und Bankräuber
Ich habe immer noch ein kleines Backlog an Dingen, von denen ich erzählen will. Dazu gehört die Black Talent Show, zu der es Mohammed, Phoebe und mich dank Jared, einem amerikanischen Nachbarn von uns, vor ein paar Wochen verschlagen hat.
Im Konzertsaal im Catlett Music Center haben sich "schwarze" - bezogen auf die Hautfarbe - Studentenorganisationen, inklusive Fraternities und Sororities mit Sketches und Tänzen vorgestellt. Leider hatte ich meine Kamera nicht dabei, und mit Worten kann man die Stimmung bei dieser Veranstaltung kaum beschreiben. Die meisten Beiträge kamen von schwarzen Sororities oder Fraternities, die Steptänze aufgeführt haben. Wer sich hier an Stomp the Yard erinnert fühlt, liegt genau richtig.
Für diejenigen, die den Film nicht gesehen haben: Zu Musik und voraufgezeichneten Dialogen werden Synchrontänze und Schuhplattler aufgeführt. Dazu kommen zum Teil äußerst akrobatische und kreative Einlagen wie die der Truppe, die sich in Tarnkleidung über die Bühne geschlichen haben, aber hauptsächlich liegt die Aufmerksamkeit auf sexuellen Innuendos. Die sind technisch einfacher, und das Publikum fährt genauso drauf ab, zumindest der Lautstärke nach zu urteilen, mit der jeder vorgestreckte Hintern begrüßt wird.
Und damit sind wir beim faszinierendsten Aspekt der ganzen Veranstaltung, nämlich dem Publikum. Das bestand mindestens zur Hälfte aus Mitgliedern eben jener Gruppen, die sich auf der Bühne vorgestellt haben, und insbesondere die Fraternities und Sororities haben eigene Erkennungsrufe, die sie bei jeder Gelegenheit zum Besten gegeben haben. Bei den Männern bestehen diese Rufe aus den jeweiligen griechischen Buchstaben, die wie ein Schlachtruf aus dem Leib gebrüllt werden, und die Frauen kreischen. Mehr als einmal hatten wir das Gefühl, im Dschungel gelandet zu sein.
Zum Glück sind wir heil aus dem Dschungel entkommen, mal wieder um eine Erfahrung reicher, die man als Tourist niemals machen kann.
Im Konzertsaal im Catlett Music Center haben sich "schwarze" - bezogen auf die Hautfarbe - Studentenorganisationen, inklusive Fraternities und Sororities mit Sketches und Tänzen vorgestellt. Leider hatte ich meine Kamera nicht dabei, und mit Worten kann man die Stimmung bei dieser Veranstaltung kaum beschreiben. Die meisten Beiträge kamen von schwarzen Sororities oder Fraternities, die Steptänze aufgeführt haben. Wer sich hier an Stomp the Yard erinnert fühlt, liegt genau richtig.
Für diejenigen, die den Film nicht gesehen haben: Zu Musik und voraufgezeichneten Dialogen werden Synchrontänze und Schuhplattler aufgeführt. Dazu kommen zum Teil äußerst akrobatische und kreative Einlagen wie die der Truppe, die sich in Tarnkleidung über die Bühne geschlichen haben, aber hauptsächlich liegt die Aufmerksamkeit auf sexuellen Innuendos. Die sind technisch einfacher, und das Publikum fährt genauso drauf ab, zumindest der Lautstärke nach zu urteilen, mit der jeder vorgestreckte Hintern begrüßt wird.
Und damit sind wir beim faszinierendsten Aspekt der ganzen Veranstaltung, nämlich dem Publikum. Das bestand mindestens zur Hälfte aus Mitgliedern eben jener Gruppen, die sich auf der Bühne vorgestellt haben, und insbesondere die Fraternities und Sororities haben eigene Erkennungsrufe, die sie bei jeder Gelegenheit zum Besten gegeben haben. Bei den Männern bestehen diese Rufe aus den jeweiligen griechischen Buchstaben, die wie ein Schlachtruf aus dem Leib gebrüllt werden, und die Frauen kreischen. Mehr als einmal hatten wir das Gefühl, im Dschungel gelandet zu sein.
Zum Glück sind wir heil aus dem Dschungel entkommen, mal wieder um eine Erfahrung reicher, die man als Tourist niemals machen kann.
Freitag, Oktober 12, 2007
Tulsa
Spät kommt er, der Blogeintrag über mein Wochenende in Tulsa, doch er kommt. Vor nicht ganz zwei Wochen sind Aissata, Ali, Lukas, Silvia und ich am Wochenende nach Tulsa gefahren. Nachdem Lukas am Wochenende zuvor den Trip vorgeschlagen hatte, weil er die Schnauze voll von Norman hatte, und ein Mietauto reserviert hatte, haben wir uns am Freitagabend getroffen, um zumindest ein kleines bißchen zu planen. An dieser Stelle viele Grüße von Lukas' heutigem und Alex' ehemaligem Mitbewohner ("I swear, this guy planned every single minute of his days!"). So wahnsinnig viel geplant haben wir dann doch nicht, da Lukas dem durch Alex entstandenen Vorurteil über Deutsche überhaupt nicht entspricht, aber am Ende hatten wir zumindest ein Motel reserviert und einen von Lukas' Geburtstagsfeier übrig gebliebenen Kuchen verdrückt.
Wir haben dann noch The Butterfly Effect aus der DVD-Sammlung des Clubhauses angeschaut und anschließend über logische Fehler oder Nichtfehler diskutiert. Ich kann den Film auf jeden Fall nur empfehlen. Am nächsten Morgen ging es dann zu (für einen Samstag) ziemlich früher Stunde in einem (für die USA) ziemlich kleinen Auto los.
Die Proviantfahrt zum Walmart haben wir gleich fleißig genutzt, um uns an Lukas' Fahrstil zu gewöhnen ("What's the speed limit again?"), der aber nach der anfänglichen Eingewöhnung eigentlich ganz angenehm war. Und beim Einschätzen des Wenderadius hätte ich auch meine Probleme gehabt...
Unsere Reise führte uns über einen Teil der ehemaligen Route 66 vorbei an einer zerfallenen Tankstelle, in deren Hinterzimmer einst nicht nur die Vegetation Blüten hervorbrachte. Für die Besitzer und damit für die Tankstelle selbst hatte diese Geschichte dummerweise kein Happy End.
Auf der Fahrt durch die Leere des Bible Belts machten wir noch einmal Rast am Lake Keystone (v.l.n.r.: Silvia, Aissata, Lukas, Ali)...
... und danach war Tulsa auch nicht mehr weit.
Tulsas Innenstadt erinnerte sehr an eine Version von 28 Days Later mit weniger Zombies, dementsprechend wenig gibt es davon zu erzählen. Zum Glück hat sich das geändert, als wir aus dem Business District raus und zur 15th Street gefahren sind. Dort hat es uns in ein selbsternanntes Café, das den Namen aber überhaupt nicht verdient hat, verschlagen. Es gibt wenige Dinge, die mich hier wirklich stören - aber es gibt zu wenige Orte an denen man nicht schräg angeschaut wird, wenn man nur etwas trinken will. Dennoch haben wir uns dort dann das letzte Viertel der Niederlage von OU gegen Colorado im Fernsehen angesehen (Football - was dachtet ihr denn?).
Am Abend war ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Casino, und wenn mich nicht nochmal jemand mitzerrt, war es auch das letzte Mal (vielleicht mache ich für Las Vegas eine Ausnahme). In einer großen Halle voller simpler Maschinen saßen die Zombies, die ich am Nachmittag so vermisst hatte, und ließen sich von "ihrer" Maschine die kümmerlichen Reste des Lebens heraussaugen. Das war zumindest mein Eindruck beim Anblick dieser Menschen, die mit leerem Gesichtsausdruck, Augen stets auf den Monitor vor sich gerichtet, nichts anderes taten als stundenlang wieder und wieder auf den "Play"-Knopf zu drücken. Vereinzelt gab es ein paar Seelen, die sich aufzubäumen schienen und ab und zu ein paar der anderen Knöpfe betätigten. Mir lief tatsächlich mehr als einmal ein Schauer über den Rücken, und ich habe mich selten so unwohl gefühlt wie in den paar Minuten im Casino. Denn viel länger war ich dort nicht, nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe und ziemlich schnell freundlich, aber stahlhart "gebeten" wurde, die Bilder zu löschen und rauszugehen. Um ehrlich zu sein war ich froh, die (Spiel-)Hölle zu verlassen, auch wenn sich die anderen danach darüber lustig gemacht haben.
Nach viel Hin und Her haben wir den Abend dann in einem richtig gemütlichen Cafe beendet. Auf Sofas neben einem Klavier und zwischen Gemälden an den Wänden haben wir es uns bei den jeweiligen Getränken unserer Wahl gut gehen lassen und den schönen Begriff "dead dishes" kennengelernt, denn im Gegensatz zu fast allen Orten in Amerika wurde hier kein Einweggeschirr verwendet. Nur Aissata war etwas skeptisch, was ich bei ihrer merkwürdigen Mischung aus Kaffee und Soda aber auch gut nachvollziehen kann.
Am Sonntag sind wir mit einem Gummi-Raft auf dem Illinois River gefahren. Obwohl Lukas schon kurz nach Anfang gemeckert hat, der Fluß solle doch gefälligst alles für uns tun, war es eine angenehme und auch gemütliche Unternehmung, denn das Wasser war sehr ruhig abgesehen von einer Hand voll Stellen, und selbst die waren nicht wirklich spektakulär. So hatten wir mehr Zeit, uns der ein oder anderen Schildkröte zu widmen, aber diese wollten mit uns leider nichts zu tun haben.
Auf der Rückfahrt haben wir dann noch Highwayunterhaltungen kennengelernt. Da auf Highways alle im Wesentlichen gleich schnell fahren kann man hier längere Zeit nebeneinander fahren, was wir mit einem Auto voller amerikanischer Gleichaltriger ausgiebig genutzt haben. Auf Grund der Situation beschränkt sich die Kommunikation natürlich auf Gesten, Mooning, Flashing, Zeigefingerschießereien und sonstiges Theater, aber sie vertreibt wunderbar die Zeit. Leider (?) kamen unsere temporären Nachbarn nicht aus Norman, und so haben wir den letzten Teil der Reise ohne sie beschritten.
P.S.: Viele Grüße an Cynthias Mutter, die dieses Blog anscheinend gefunden hat bevor ich Cynthia das erste Mal getroffen habe.
Wir haben dann noch The Butterfly Effect aus der DVD-Sammlung des Clubhauses angeschaut und anschließend über logische Fehler oder Nichtfehler diskutiert. Ich kann den Film auf jeden Fall nur empfehlen. Am nächsten Morgen ging es dann zu (für einen Samstag) ziemlich früher Stunde in einem (für die USA) ziemlich kleinen Auto los.
Die Proviantfahrt zum Walmart haben wir gleich fleißig genutzt, um uns an Lukas' Fahrstil zu gewöhnen ("What's the speed limit again?"), der aber nach der anfänglichen Eingewöhnung eigentlich ganz angenehm war. Und beim Einschätzen des Wenderadius hätte ich auch meine Probleme gehabt...
Unsere Reise führte uns über einen Teil der ehemaligen Route 66 vorbei an einer zerfallenen Tankstelle, in deren Hinterzimmer einst nicht nur die Vegetation Blüten hervorbrachte. Für die Besitzer und damit für die Tankstelle selbst hatte diese Geschichte dummerweise kein Happy End.
Auf der Fahrt durch die Leere des Bible Belts machten wir noch einmal Rast am Lake Keystone (v.l.n.r.: Silvia, Aissata, Lukas, Ali)...
... und danach war Tulsa auch nicht mehr weit.
Tulsas Innenstadt erinnerte sehr an eine Version von 28 Days Later mit weniger Zombies, dementsprechend wenig gibt es davon zu erzählen. Zum Glück hat sich das geändert, als wir aus dem Business District raus und zur 15th Street gefahren sind. Dort hat es uns in ein selbsternanntes Café, das den Namen aber überhaupt nicht verdient hat, verschlagen. Es gibt wenige Dinge, die mich hier wirklich stören - aber es gibt zu wenige Orte an denen man nicht schräg angeschaut wird, wenn man nur etwas trinken will. Dennoch haben wir uns dort dann das letzte Viertel der Niederlage von OU gegen Colorado im Fernsehen angesehen (Football - was dachtet ihr denn?).
Am Abend war ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Casino, und wenn mich nicht nochmal jemand mitzerrt, war es auch das letzte Mal (vielleicht mache ich für Las Vegas eine Ausnahme). In einer großen Halle voller simpler Maschinen saßen die Zombies, die ich am Nachmittag so vermisst hatte, und ließen sich von "ihrer" Maschine die kümmerlichen Reste des Lebens heraussaugen. Das war zumindest mein Eindruck beim Anblick dieser Menschen, die mit leerem Gesichtsausdruck, Augen stets auf den Monitor vor sich gerichtet, nichts anderes taten als stundenlang wieder und wieder auf den "Play"-Knopf zu drücken. Vereinzelt gab es ein paar Seelen, die sich aufzubäumen schienen und ab und zu ein paar der anderen Knöpfe betätigten. Mir lief tatsächlich mehr als einmal ein Schauer über den Rücken, und ich habe mich selten so unwohl gefühlt wie in den paar Minuten im Casino. Denn viel länger war ich dort nicht, nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe und ziemlich schnell freundlich, aber stahlhart "gebeten" wurde, die Bilder zu löschen und rauszugehen. Um ehrlich zu sein war ich froh, die (Spiel-)Hölle zu verlassen, auch wenn sich die anderen danach darüber lustig gemacht haben.
Nach viel Hin und Her haben wir den Abend dann in einem richtig gemütlichen Cafe beendet. Auf Sofas neben einem Klavier und zwischen Gemälden an den Wänden haben wir es uns bei den jeweiligen Getränken unserer Wahl gut gehen lassen und den schönen Begriff "dead dishes" kennengelernt, denn im Gegensatz zu fast allen Orten in Amerika wurde hier kein Einweggeschirr verwendet. Nur Aissata war etwas skeptisch, was ich bei ihrer merkwürdigen Mischung aus Kaffee und Soda aber auch gut nachvollziehen kann.
Am Sonntag sind wir mit einem Gummi-Raft auf dem Illinois River gefahren. Obwohl Lukas schon kurz nach Anfang gemeckert hat, der Fluß solle doch gefälligst alles für uns tun, war es eine angenehme und auch gemütliche Unternehmung, denn das Wasser war sehr ruhig abgesehen von einer Hand voll Stellen, und selbst die waren nicht wirklich spektakulär. So hatten wir mehr Zeit, uns der ein oder anderen Schildkröte zu widmen, aber diese wollten mit uns leider nichts zu tun haben.
Auf der Rückfahrt haben wir dann noch Highwayunterhaltungen kennengelernt. Da auf Highways alle im Wesentlichen gleich schnell fahren kann man hier längere Zeit nebeneinander fahren, was wir mit einem Auto voller amerikanischer Gleichaltriger ausgiebig genutzt haben. Auf Grund der Situation beschränkt sich die Kommunikation natürlich auf Gesten, Mooning, Flashing, Zeigefingerschießereien und sonstiges Theater, aber sie vertreibt wunderbar die Zeit. Leider (?) kamen unsere temporären Nachbarn nicht aus Norman, und so haben wir den letzten Teil der Reise ohne sie beschritten.
P.S.: Viele Grüße an Cynthias Mutter, die dieses Blog anscheinend gefunden hat bevor ich Cynthia das erste Mal getroffen habe.
Dienstag, Oktober 09, 2007
We are glad to help in your community
Nicht selten offenbart sich ein System ganz besonders dadurch, wie es mit Krisen umgeht, in diesem Fall mit dem Amoklauf eines Polizisten in Wisconsin. Erschreckend wie der Fall ist möchte ich doch nur auf einen nebensächlich wirkenden Aspekt hinweisen, der jedoch einiges über das politische System der USA durchblicken lässt.
Auf einen Europäer wirkt äußerst seltsam, dass es in den USA nicht eine einheitliche Polizei gibt, oder eine einheitliche Polizei pro Bundesstaat, sondern eine Polizei für jede Milchkanne, wie man in Analogie zu gewissen Nahverkehrsstrecken bei uns vielleicht sagen könnte. Dominik, einer von uns Austauschstudenten, hatte schon interessante Erfahrungen damit, als er eines abends sein Fahrrad nicht gestohlen, sondern an ein anderes, ihm fremdes Fahrrad angekettet vorfand und daraufhin einem Polizeiauto zuwinkte. Der Polizist in selbigem zeigte sich durchaus freundlich, war aber leider vom Norman Police Department - und der Ort, an dem die Fahrräder standen, fiel in den Zuständigkeitsbereich des OU Police Departments. Kurze Zeit später hatte sich dann nicht nur die Zahl der Fahrräder, sondern auch die Zahl der Polizeiautos vor Ort verdoppelt. Das klingt aus unserer Sicht skurril, aber so funktioniert das hier eben: dezentraler geht es kaum. (Dominik wurde dann übrigens von dem OU-Polizisten im zweiten Polizeiauto nach Hause gefahren, und am nächsten Tag war das zusätzliche Fahrrad von alleine verschwunden.)
Damit zurück zur ursprünglichen Geschichte. Gestern wurde auf CNN eine Presseerklärung des Attorney General von Wisconsin übertragen, in der dieser die Fakten des Amoklaufs nüchtern vorgetragen hat. Ich habe die Sendung nicht online finden können, was schade ist, da ein großer Teil aus Erklärungen bestand, welche Polizei- oder Justizbehörde auf welche Weise an dem Fall beteiligt war bzw. hinzugezogen wurde. Als den örtlichen Polizisten klar wurde, dass sie es hier mit einem der ihren zu tun hatten, haben sie das Department of Justice um "Assistance" gebeten, so die wörtliche Formulierung. Aus der Wortwahl ging hervor, dass trotz der offensichtlichen möglichen persönlichen Verstrickungen die Verantwortung nach wie vor bei der örtlichen Polizei lag und die Behörden auf Bundesstaatsebene zunächst gar nicht das Recht hatten, einzugreifen. Erst durch die Entscheidung des Sheriffs, die Angelegenheit zu übergeben - der Attorney General hat dies ganz ausdrücklich und öffentlich im Fernsehen als "verantwortungsbewußte Entscheidung" gelobt - hat sich das geändert.
Gleichzeitig hat der Attorney General mit schöner Regelmässigkeit betont, dass das Department of Justice in diesem Fall die "local community" unterstützt und den Leuten vor Ort zur Seite steht und nicht etwa einfach so von oben herab kommt. Uns wurde vor Jahren im Sozialkundeunterricht immer wieder vom Prinzip der Subsidiarität vorgepredigt, aber hier wird dieses Prinzip tatsächlich gelebt - und das ist womöglich die zentrale Erkenntnis, die man benötigt, um viele der politischen und gesellschaftlichen Merkwürdigkeiten hier zu verstehen.
Auf einen Europäer wirkt äußerst seltsam, dass es in den USA nicht eine einheitliche Polizei gibt, oder eine einheitliche Polizei pro Bundesstaat, sondern eine Polizei für jede Milchkanne, wie man in Analogie zu gewissen Nahverkehrsstrecken bei uns vielleicht sagen könnte. Dominik, einer von uns Austauschstudenten, hatte schon interessante Erfahrungen damit, als er eines abends sein Fahrrad nicht gestohlen, sondern an ein anderes, ihm fremdes Fahrrad angekettet vorfand und daraufhin einem Polizeiauto zuwinkte. Der Polizist in selbigem zeigte sich durchaus freundlich, war aber leider vom Norman Police Department - und der Ort, an dem die Fahrräder standen, fiel in den Zuständigkeitsbereich des OU Police Departments. Kurze Zeit später hatte sich dann nicht nur die Zahl der Fahrräder, sondern auch die Zahl der Polizeiautos vor Ort verdoppelt. Das klingt aus unserer Sicht skurril, aber so funktioniert das hier eben: dezentraler geht es kaum. (Dominik wurde dann übrigens von dem OU-Polizisten im zweiten Polizeiauto nach Hause gefahren, und am nächsten Tag war das zusätzliche Fahrrad von alleine verschwunden.)
Damit zurück zur ursprünglichen Geschichte. Gestern wurde auf CNN eine Presseerklärung des Attorney General von Wisconsin übertragen, in der dieser die Fakten des Amoklaufs nüchtern vorgetragen hat. Ich habe die Sendung nicht online finden können, was schade ist, da ein großer Teil aus Erklärungen bestand, welche Polizei- oder Justizbehörde auf welche Weise an dem Fall beteiligt war bzw. hinzugezogen wurde. Als den örtlichen Polizisten klar wurde, dass sie es hier mit einem der ihren zu tun hatten, haben sie das Department of Justice um "Assistance" gebeten, so die wörtliche Formulierung. Aus der Wortwahl ging hervor, dass trotz der offensichtlichen möglichen persönlichen Verstrickungen die Verantwortung nach wie vor bei der örtlichen Polizei lag und die Behörden auf Bundesstaatsebene zunächst gar nicht das Recht hatten, einzugreifen. Erst durch die Entscheidung des Sheriffs, die Angelegenheit zu übergeben - der Attorney General hat dies ganz ausdrücklich und öffentlich im Fernsehen als "verantwortungsbewußte Entscheidung" gelobt - hat sich das geändert.
Gleichzeitig hat der Attorney General mit schöner Regelmässigkeit betont, dass das Department of Justice in diesem Fall die "local community" unterstützt und den Leuten vor Ort zur Seite steht und nicht etwa einfach so von oben herab kommt. Uns wurde vor Jahren im Sozialkundeunterricht immer wieder vom Prinzip der Subsidiarität vorgepredigt, aber hier wird dieses Prinzip tatsächlich gelebt - und das ist womöglich die zentrale Erkenntnis, die man benötigt, um viele der politischen und gesellschaftlichen Merkwürdigkeiten hier zu verstehen.
Montag, Oktober 08, 2007
Texas weint
Wie bereits angekündigt war ich dieses Wochenende zum Red River Shootout und zur Texas State Fair in Dallas.
Alle Links angeschaut? Gut. Dummerweise habe ich meinen Blogeintrag über American Football (im Folgenden: Football) immer weiter hinausgezögert, so dass manchen von euch vielleicht noch nicht klar ist, dass College Football hier sehr ernst genommen wird. Sehr, sehr ernst. Das liegt natürlich zum großen Teil daran, dass die "Sooners" zu den besten Teams in den USA gehören und der Cheftrainer Bob Stoops von der Universität zum Multimillionär gemacht wird (wobei man da die Henne-Ei-Frage stellen kann), etc.
Ganz besonders ernst genommen wird das jährliche Spiel gegen das Team der University of Texas. Das spiegelt sich zum Beispiel in der Kleidung wieder. Generell tragen hier sehr viele Menschen - nicht nur Studenten, sondern auch Alumni, wie man beim Einkaufen immer wieder feststellen muss - Kleidung mit OU-Logo oder -Sprüchen in der ein oder anderen Form. Aber nur für das OU/Texas-Spiel gibt es eine ganze Reihe eigener Artikel mit mehr oder weniger kreativen Sprüchen wie "Beat Texas" oder "How do you want your Longhorn cooked?". Die Gegenseite macht das Gleiche, mit Sprüchen wie "O who?".
Bei einer so bitteren Feindschaft trifft man sich natürlich nicht auf Feindesland sondern irgendwo in der Mitte, in diesem Fall eben in Dallas, und wie so oft freut sich der Dritte, wenn sich zwei streiten. Denn egal wie das Spiel ausgeht, Dallas gewinnt immer. Das Spiel findet zwar am Samstag statt, aber weil Norman sowieso zur Geisterstadt wird gibt die Universität auch gleich noch den Freitag frei, und die Baustellen auf der I-35 nach Dallas werden fürs Wochenende ausgesetzt.
Nach etwas Hin und Her bin ich mit einer Horde Mädels am Freitag nach Dallas gefahren - alles Deutsche, bis auf Phoebe, die in Dallas allerdings bei Verwandten untergekommen ist: Theresia aus Paderborn, und Josephine und Cynthia, die von ihren Vorgängern den Van "Dodgey" übernommen haben. Dodgey ist übrigens ein Name, der in mehr als einer Hinsicht passt. Das Öl hat dann aber doch bis Dallas und zurück gereicht. Josi und Cynthia waren privat am Freitagnachmittag eingeladen, aber das war kein Problem. Ohne es bewusst geplant zu haben, war unser Motel direkt neben einem Bahnhof, und ja, in Dallas gibt es Nahverkehr! Der ist sogar mit 3$ pro Person für ein Tagesticket erstaunlich günstig, und man kommt im wahrsten Sinne des Wortes zügig mit einer Mischung aus S-Bahn und Straßenbahn nach Downtown.
Theresia und ich sind also dorthin gefahren (an dieser Stelle bietet es sich an, den entsprechenden Recht unten noch einmal anzusehen) und haben zunächst auf dem Reunion Tower erfahren, warum die Eisenbahn in den USA verdrängt wurde. Unten das Beweisfoto, dass es auch in den USA Züge gibt. Leider konnte der Zug auf dem Foto erst weiterfahren, nachdem jemand ausgestiegen ist und die Weiche offensichtlich per Hand umgestellt hat.
Wir haben das 'X' auf dem Asphalt bewundert, das die Stelle markiert, an der John F. Kennedy erschossen wurde. Dem Laberkopf, der sich wie eine Schmeißfliege an uns gehängt hat, um die Geschichte des Attentats zu erzählen, haben wir zwar keine Zeitung für fünf Dollar abgekauft, aber einer gutmütigeren Seele als mir verdankt er einen Dollar "for time and effort". Nach einem kurzen Trip durchs Stargate (der Komplex nennt sich Thanksgiving Plaza und ist sehr viel andächtiger und religiöser gemeint, aber ich konnte nicht widerstehen)
und andere Teile von Downtown Dallas sind wir durchs West End gezogen, wo sich die Footballfans traditionell am Abend vor dem Spiel die Seele aus dem Leib schreien. Es gab auch eine Band und einen Spraydosenkünstler zu bewundern - das Übliche eben.
Auch am Samstag haben wir das Auto stehen gelassen und sind mit der Kombination aus Zug und Shuttlebussen zur Texas State Fair gefahren, auf der sich auf einem großen Areal in Dallas die üblichen Fahrgeschäfte, Gewinnspiele und Verkäufer tummeln - und dazwischen ein Meer aus Fans in Rot und Orange. Im Zentrum des Fair Park befindet sich das Cotton Bowl Stadium, in dem am Nachmittag das große Spiel stattfand. Vorher machten wir aber noch einige Erfahrungen mit der lokalen bzw. pseudo-nichtlokalen Küche. Pseudo-nichtlokal ist hier das "deutsche" Essen. Der Kartoffelsalat im German Tent fällt definitiv in die Kategorie "interessant, nie wieder". Und "German Fajitas" (links unten im Bild) habe ich dort auch zum ersten Mal gesehen...
Deutlich besser war das lokale Essen in Form von Funnel Cake und Turkey Leg, auch wenn Letzteres, nach dem Spiel genossen, doch etwas zu viel war.
Und dann kam das Footballspiel. Bei meiner Ankunft im August hat sich mein Footballwissen auf "Ein Haufen Spieler stehen sich gegenüber und dann wird das Spiel unterbrochen" beschränkt. Natürlich musste ich mein Footballwissen nicht revidieren, sondern nur ergänzen. Trotzdem habe ich eine Menge Gefallen an dem Spiel gefunden. Grundsätzlich bin ich zwar immer noch der Meinung, dass die Spiele zu lange dauern: Netto dauert ein Spiel eine Stunde, die sich dank Spielprinzip und Fernsehen über vier Stunden brutto zieht. Aber wenn ein Spiel so ausgewogen und dadurch so spannend ist wie das Spiel gestern, dann vergeht die Zeit wie im Flug.
Natürlich hilft die Atmosphäre rundherum ungemein. Wir hatten keine Karten fürs Stadion - Josi hätte vor dem Eingang noch eine für 50$ kaufen können, hat dann aber zu lange gezögert -, standen und saßen also vor einer großen Leinwand mit mehreren Hundertschaften von Fans und haben mitgefiebert. Ulkig war, dass wir einen OU-Fanblock im Stadion sehen konnten, und so dank Zeitverzögerung im Fernsehen das ein oder andere Dejavu beim Touchdown erleben konnten. Im letzten Quarter hat dann das Team der OU dominiert und mit 28:21 gewonnen (die hohen Punktzahlen sind übrigens Kokolores - die Punktzahl ergibt sich aus 4:3 Touchdowns [jaja, es gibt noch Field Goals. Trotzdem!]).
Dann war das Spiel vorbei, und Texas hat Eimer vom Himmel geweint und so die Feier etwas gedämpft. Wir sind in eins der Gebäude geflüchtet, haben dort Schweinerennen bewundert und noch zufällig einen anderen Austauschstudenten getroffen, der mit seinem amerikanischen Mitbewohner im Stadion gewesen war.
Zum Glück war der Regen nicht von langer Dauer, und so konnten wir die Fair noch gemütlich abschließen. Mit dem Skyway, einer horizontalen Gondelbahn, sind wir noch einmal über das Gelände gefahren. Am Ende bin ich dann sogar noch von mir ungeplant mit Cynthia Achterbahn gefahren, denn sie hatte von ihrer Theatergruppe in Deutschland die Aufgabe bekommen, auf einer Achterbahn ein Lied zu singen. Und da man bei sowas heutzutage Videobeweise verlangt, durfte ich mit der Digicam als Kameramann fungieren. Das war eine merkwürdige Erfahrung, denn durch die Konzentration darauf, die Kamera einigermaßen stabil zu halten, ist der Rush der Achterbahn ziemlich an mir vorbeigegangen.
Auf der Rückfahrt im Zug hat eine Gruppe OU-Fans dazu angeregt, diverse Lieder anzustimmen, von denen wir die meisten nicht kannten, und auch die Texas-Fans haben mitgemacht. Man kann also über American Football denken und sagen, was man will, aber eines weiß ich nach diesem Wochende: Ich würde den Ruhrpott am Samstagnachmittag jederzeit gegen Dallas am Tag der Red River Rivalry tauschen.
Heute (bzw. inzwischen gestern) sind wir dann noch zum Dallas Heritage Village gefahren, einem Freilichtmuseum mit Gebäuden aus dem Texas des 19. Jahrhunderts. Und jetzt, viel zu spät dafür, dass morgen um 9.30 die Uni weitergeht, ist langes Wochenendeende (jeweils v.l.n.r: Josi und Cynthia, Theresia und Phoebe).
Alle Links angeschaut? Gut. Dummerweise habe ich meinen Blogeintrag über American Football (im Folgenden: Football) immer weiter hinausgezögert, so dass manchen von euch vielleicht noch nicht klar ist, dass College Football hier sehr ernst genommen wird. Sehr, sehr ernst. Das liegt natürlich zum großen Teil daran, dass die "Sooners" zu den besten Teams in den USA gehören und der Cheftrainer Bob Stoops von der Universität zum Multimillionär gemacht wird (wobei man da die Henne-Ei-Frage stellen kann), etc.
Ganz besonders ernst genommen wird das jährliche Spiel gegen das Team der University of Texas. Das spiegelt sich zum Beispiel in der Kleidung wieder. Generell tragen hier sehr viele Menschen - nicht nur Studenten, sondern auch Alumni, wie man beim Einkaufen immer wieder feststellen muss - Kleidung mit OU-Logo oder -Sprüchen in der ein oder anderen Form. Aber nur für das OU/Texas-Spiel gibt es eine ganze Reihe eigener Artikel mit mehr oder weniger kreativen Sprüchen wie "Beat Texas" oder "How do you want your Longhorn cooked?". Die Gegenseite macht das Gleiche, mit Sprüchen wie "O who?".
Bei einer so bitteren Feindschaft trifft man sich natürlich nicht auf Feindesland sondern irgendwo in der Mitte, in diesem Fall eben in Dallas, und wie so oft freut sich der Dritte, wenn sich zwei streiten. Denn egal wie das Spiel ausgeht, Dallas gewinnt immer. Das Spiel findet zwar am Samstag statt, aber weil Norman sowieso zur Geisterstadt wird gibt die Universität auch gleich noch den Freitag frei, und die Baustellen auf der I-35 nach Dallas werden fürs Wochenende ausgesetzt.
Nach etwas Hin und Her bin ich mit einer Horde Mädels am Freitag nach Dallas gefahren - alles Deutsche, bis auf Phoebe, die in Dallas allerdings bei Verwandten untergekommen ist: Theresia aus Paderborn, und Josephine und Cynthia, die von ihren Vorgängern den Van "Dodgey" übernommen haben. Dodgey ist übrigens ein Name, der in mehr als einer Hinsicht passt. Das Öl hat dann aber doch bis Dallas und zurück gereicht. Josi und Cynthia waren privat am Freitagnachmittag eingeladen, aber das war kein Problem. Ohne es bewusst geplant zu haben, war unser Motel direkt neben einem Bahnhof, und ja, in Dallas gibt es Nahverkehr! Der ist sogar mit 3$ pro Person für ein Tagesticket erstaunlich günstig, und man kommt im wahrsten Sinne des Wortes zügig mit einer Mischung aus S-Bahn und Straßenbahn nach Downtown.
Theresia und ich sind also dorthin gefahren (an dieser Stelle bietet es sich an, den entsprechenden Recht unten noch einmal anzusehen) und haben zunächst auf dem Reunion Tower erfahren, warum die Eisenbahn in den USA verdrängt wurde. Unten das Beweisfoto, dass es auch in den USA Züge gibt. Leider konnte der Zug auf dem Foto erst weiterfahren, nachdem jemand ausgestiegen ist und die Weiche offensichtlich per Hand umgestellt hat.
Wir haben das 'X' auf dem Asphalt bewundert, das die Stelle markiert, an der John F. Kennedy erschossen wurde. Dem Laberkopf, der sich wie eine Schmeißfliege an uns gehängt hat, um die Geschichte des Attentats zu erzählen, haben wir zwar keine Zeitung für fünf Dollar abgekauft, aber einer gutmütigeren Seele als mir verdankt er einen Dollar "for time and effort". Nach einem kurzen Trip durchs Stargate (der Komplex nennt sich Thanksgiving Plaza und ist sehr viel andächtiger und religiöser gemeint, aber ich konnte nicht widerstehen)
und andere Teile von Downtown Dallas sind wir durchs West End gezogen, wo sich die Footballfans traditionell am Abend vor dem Spiel die Seele aus dem Leib schreien. Es gab auch eine Band und einen Spraydosenkünstler zu bewundern - das Übliche eben.
Auch am Samstag haben wir das Auto stehen gelassen und sind mit der Kombination aus Zug und Shuttlebussen zur Texas State Fair gefahren, auf der sich auf einem großen Areal in Dallas die üblichen Fahrgeschäfte, Gewinnspiele und Verkäufer tummeln - und dazwischen ein Meer aus Fans in Rot und Orange. Im Zentrum des Fair Park befindet sich das Cotton Bowl Stadium, in dem am Nachmittag das große Spiel stattfand. Vorher machten wir aber noch einige Erfahrungen mit der lokalen bzw. pseudo-nichtlokalen Küche. Pseudo-nichtlokal ist hier das "deutsche" Essen. Der Kartoffelsalat im German Tent fällt definitiv in die Kategorie "interessant, nie wieder". Und "German Fajitas" (links unten im Bild) habe ich dort auch zum ersten Mal gesehen...
Deutlich besser war das lokale Essen in Form von Funnel Cake und Turkey Leg, auch wenn Letzteres, nach dem Spiel genossen, doch etwas zu viel war.
Und dann kam das Footballspiel. Bei meiner Ankunft im August hat sich mein Footballwissen auf "Ein Haufen Spieler stehen sich gegenüber und dann wird das Spiel unterbrochen" beschränkt. Natürlich musste ich mein Footballwissen nicht revidieren, sondern nur ergänzen. Trotzdem habe ich eine Menge Gefallen an dem Spiel gefunden. Grundsätzlich bin ich zwar immer noch der Meinung, dass die Spiele zu lange dauern: Netto dauert ein Spiel eine Stunde, die sich dank Spielprinzip und Fernsehen über vier Stunden brutto zieht. Aber wenn ein Spiel so ausgewogen und dadurch so spannend ist wie das Spiel gestern, dann vergeht die Zeit wie im Flug.
Natürlich hilft die Atmosphäre rundherum ungemein. Wir hatten keine Karten fürs Stadion - Josi hätte vor dem Eingang noch eine für 50$ kaufen können, hat dann aber zu lange gezögert -, standen und saßen also vor einer großen Leinwand mit mehreren Hundertschaften von Fans und haben mitgefiebert. Ulkig war, dass wir einen OU-Fanblock im Stadion sehen konnten, und so dank Zeitverzögerung im Fernsehen das ein oder andere Dejavu beim Touchdown erleben konnten. Im letzten Quarter hat dann das Team der OU dominiert und mit 28:21 gewonnen (die hohen Punktzahlen sind übrigens Kokolores - die Punktzahl ergibt sich aus 4:3 Touchdowns [jaja, es gibt noch Field Goals. Trotzdem!]).
Dann war das Spiel vorbei, und Texas hat Eimer vom Himmel geweint und so die Feier etwas gedämpft. Wir sind in eins der Gebäude geflüchtet, haben dort Schweinerennen bewundert und noch zufällig einen anderen Austauschstudenten getroffen, der mit seinem amerikanischen Mitbewohner im Stadion gewesen war.
Zum Glück war der Regen nicht von langer Dauer, und so konnten wir die Fair noch gemütlich abschließen. Mit dem Skyway, einer horizontalen Gondelbahn, sind wir noch einmal über das Gelände gefahren. Am Ende bin ich dann sogar noch von mir ungeplant mit Cynthia Achterbahn gefahren, denn sie hatte von ihrer Theatergruppe in Deutschland die Aufgabe bekommen, auf einer Achterbahn ein Lied zu singen. Und da man bei sowas heutzutage Videobeweise verlangt, durfte ich mit der Digicam als Kameramann fungieren. Das war eine merkwürdige Erfahrung, denn durch die Konzentration darauf, die Kamera einigermaßen stabil zu halten, ist der Rush der Achterbahn ziemlich an mir vorbeigegangen.
Auf der Rückfahrt im Zug hat eine Gruppe OU-Fans dazu angeregt, diverse Lieder anzustimmen, von denen wir die meisten nicht kannten, und auch die Texas-Fans haben mitgemacht. Man kann also über American Football denken und sagen, was man will, aber eines weiß ich nach diesem Wochende: Ich würde den Ruhrpott am Samstagnachmittag jederzeit gegen Dallas am Tag der Red River Rivalry tauschen.
Heute (bzw. inzwischen gestern) sind wir dann noch zum Dallas Heritage Village gefahren, einem Freilichtmuseum mit Gebäuden aus dem Texas des 19. Jahrhunderts. Und jetzt, viel zu spät dafür, dass morgen um 9.30 die Uni weitergeht, ist langes Wochenendeende (jeweils v.l.n.r: Josi und Cynthia, Theresia und Phoebe).
Donnerstag, Oktober 04, 2007
Landkarte 2.0 und gute Intentionen
Ich habe mich seit einiger Zeit ziemlich eingelebt hier in Norman. Anders formuliert, hier zu leben ist für mich inzwischen normal. Natürlich ist nach wie vor viel geboten: Nachdem ich zwei Wochen mit Fieber gekämpft habe war ich letztes Wochenende mit ein paar anderen Internationals in und um Tulsa unterwegs, und morgen geht es zum Red River Shootout nach Dallas, TX. Aber das ist ein andere Geschichte, die ich ein andermal erzählen werde.
Apartmentparties gibt es hier zur Genüge, aber ein bißchen weniger als letztes Jahr sind es wohl, berichten zumindest alte Hasen wie Aissata aus Mali. In der Hinsicht hat sich die Strategie der Verwaltung ausgezahlt, viele der Austauschstudenten in den Kraettli Apartments unterzubringen und die Internationals-Dichte so zu reduzieren. Nun sind diese Apartments nicht wirklich grausam, sondern - abgesehen von der unangenehmen Tatsache, dass sich hier zwei Studenten ein Zimmer teilen, der Begriff Roommate also wirklich wörtlich zu nehmen ist - durchaus mit einem Studentenwohnheim wie dem Vogeliusweg vergleichbar. Aber wenn man diese Apartments direkt neben Traditions Square stellt ist es kein Wunder, dass Kraettli liebevoll "The Ghetto" genannt wird. Immerhin ist die Miete für Austauschstudenten dort mit 65$ im Monat wirklich spottbillig.
Über die Apartmentparties werde ich sicher auch noch berichten, aber vorher wird es Zeit, euch Lesern eine Vorstellung davon zu vermitteln, wo ich hier eigentlich bin. Keine Angst, ich werde euch noch nicht durch Fotos erfreuen, aber als ersten Vorgeschmack gibt es eine Landkarte mit Anmerkungen. Ich sollte vielleicht anmerken, dass der Campus viel grüner ist als auf den veralteten Satellitenbildern.
Im Laufe der Zeit werde ich die Karte sicher noch ergänzen, aber ich wünsche euch schon einmal viel Spaß beim Erkunden. Einer der Punkte auf der Landkarte verdient ein paar zusätzliche Bemerkungen.
Das Physical Sciences Center ist das Gebäude, in dem alle meine Vorlesungen stattfinden. Die beiden 4000er-Kurse finden im fensterlosen, tiefgekühlten Erdgeschoss statt, die beiden Graduate Level-Kurse im 8. Stock im Turm des Gebäudes. Im Gegensatz zu den ersten vier Stockwerken gibt es dort zwar Fenster, aber da der Seminarraum schlauerweise ins Turminnere gebaut wurde ist er auch fensterlos. Lediglich das Pizza Seminar, zu dem ich regelmässig gehe, findet ganz oben im 11. Stock in einem Raum statt, der einen tollen Blick auf den Campus bietet.
Das Physical Sciences Center ist ein fahler Betonblock - mit Abstand das hässlichste Gebäude auf dem Campus. Seine Form hat ihm den Spitznamen "Blender" eingebracht, aber dank Fenstermangel bevorzuge ich den Begriff "Bunker". Es ranken sich eine Menge Legenden um dieses Gebäude, das Anfang der 1970er-Jahre gebaut wurde. Angeblich hatte man - typisch Amerikaner - Angst. Nicht vor Terroristen, denn die waren damals noch nicht "in", und auch nicht vor Commies, denn die waren zum Glück weit weg, sondern vor randalierenden protestierenden Studierenden (Deutsch ist schon eine tolle Sprache!). Dementsprechend wurde das Gebäude so eingerichtet, dass die wichtigen Büros leicht abgeschirmt werden können und niemand etwa durch Einschlagen einer Fensterscheibe in einen Bereich kommen kann, in den er nicht gehört. Ich habe keine Ahnung, wie viel Wahrheit in dieser Geschichte steckt, aber wenn sie falsch ist, so ist sie doch gut erfunden.
Eine andere Geschichte, deren Wahrheitsgehalt sicherlich höher ist, zeugt von guten Intentionen und grauenvoll mangelhafter Umsetzung. Der damalige Department Chair der Mathematik - ich vergaß den Namen - war zwar als Mathematiker wenig einflussreich, hatte aber anscheinend viele Ideen, was die Lehre der Mathematik anbelangte. Er war an der Planung des Gebäudes beteiligt und wünschte sich einen Dachgarten auf dem vierten Stock des Gebäudes (die Basis des Gebäudes geht nur bis zum vierten Stock; der darauf aufsetzende Turm hat eine wesentlich kleinere Grundfläche - auf den Satellitenbildern kann man das erkennen). In dem Dachgarten sollten Professoren und Graduate Students der Mathematik in angenehmer Atmosphäre an Problemen arbeiten oder einfach ihren Gedanken nachhängen können. Natürlich war dem Menschen klar, dass Mathematiker oft schriftlich denken, und Papier ist in einem Dachgarten bei Wind etwas problematisch. Also sollten in dem Dachgarten Glastische mit Markern installiert werden. Schade, dass daraus trotz Sputnik-Geldern nichts geworden ist...
Apartmentparties gibt es hier zur Genüge, aber ein bißchen weniger als letztes Jahr sind es wohl, berichten zumindest alte Hasen wie Aissata aus Mali. In der Hinsicht hat sich die Strategie der Verwaltung ausgezahlt, viele der Austauschstudenten in den Kraettli Apartments unterzubringen und die Internationals-Dichte so zu reduzieren. Nun sind diese Apartments nicht wirklich grausam, sondern - abgesehen von der unangenehmen Tatsache, dass sich hier zwei Studenten ein Zimmer teilen, der Begriff Roommate also wirklich wörtlich zu nehmen ist - durchaus mit einem Studentenwohnheim wie dem Vogeliusweg vergleichbar. Aber wenn man diese Apartments direkt neben Traditions Square stellt ist es kein Wunder, dass Kraettli liebevoll "The Ghetto" genannt wird. Immerhin ist die Miete für Austauschstudenten dort mit 65$ im Monat wirklich spottbillig.
Über die Apartmentparties werde ich sicher auch noch berichten, aber vorher wird es Zeit, euch Lesern eine Vorstellung davon zu vermitteln, wo ich hier eigentlich bin. Keine Angst, ich werde euch noch nicht durch Fotos erfreuen, aber als ersten Vorgeschmack gibt es eine Landkarte mit Anmerkungen. Ich sollte vielleicht anmerken, dass der Campus viel grüner ist als auf den veralteten Satellitenbildern.
Im Laufe der Zeit werde ich die Karte sicher noch ergänzen, aber ich wünsche euch schon einmal viel Spaß beim Erkunden. Einer der Punkte auf der Landkarte verdient ein paar zusätzliche Bemerkungen.
Das Physical Sciences Center ist das Gebäude, in dem alle meine Vorlesungen stattfinden. Die beiden 4000er-Kurse finden im fensterlosen, tiefgekühlten Erdgeschoss statt, die beiden Graduate Level-Kurse im 8. Stock im Turm des Gebäudes. Im Gegensatz zu den ersten vier Stockwerken gibt es dort zwar Fenster, aber da der Seminarraum schlauerweise ins Turminnere gebaut wurde ist er auch fensterlos. Lediglich das Pizza Seminar, zu dem ich regelmässig gehe, findet ganz oben im 11. Stock in einem Raum statt, der einen tollen Blick auf den Campus bietet.
Das Physical Sciences Center ist ein fahler Betonblock - mit Abstand das hässlichste Gebäude auf dem Campus. Seine Form hat ihm den Spitznamen "Blender" eingebracht, aber dank Fenstermangel bevorzuge ich den Begriff "Bunker". Es ranken sich eine Menge Legenden um dieses Gebäude, das Anfang der 1970er-Jahre gebaut wurde. Angeblich hatte man - typisch Amerikaner - Angst. Nicht vor Terroristen, denn die waren damals noch nicht "in", und auch nicht vor Commies, denn die waren zum Glück weit weg, sondern vor randalierenden protestierenden Studierenden (Deutsch ist schon eine tolle Sprache!). Dementsprechend wurde das Gebäude so eingerichtet, dass die wichtigen Büros leicht abgeschirmt werden können und niemand etwa durch Einschlagen einer Fensterscheibe in einen Bereich kommen kann, in den er nicht gehört. Ich habe keine Ahnung, wie viel Wahrheit in dieser Geschichte steckt, aber wenn sie falsch ist, so ist sie doch gut erfunden.
Eine andere Geschichte, deren Wahrheitsgehalt sicherlich höher ist, zeugt von guten Intentionen und grauenvoll mangelhafter Umsetzung. Der damalige Department Chair der Mathematik - ich vergaß den Namen - war zwar als Mathematiker wenig einflussreich, hatte aber anscheinend viele Ideen, was die Lehre der Mathematik anbelangte. Er war an der Planung des Gebäudes beteiligt und wünschte sich einen Dachgarten auf dem vierten Stock des Gebäudes (die Basis des Gebäudes geht nur bis zum vierten Stock; der darauf aufsetzende Turm hat eine wesentlich kleinere Grundfläche - auf den Satellitenbildern kann man das erkennen). In dem Dachgarten sollten Professoren und Graduate Students der Mathematik in angenehmer Atmosphäre an Problemen arbeiten oder einfach ihren Gedanken nachhängen können. Natürlich war dem Menschen klar, dass Mathematiker oft schriftlich denken, und Papier ist in einem Dachgarten bei Wind etwas problematisch. Also sollten in dem Dachgarten Glastische mit Markern installiert werden. Schade, dass daraus trotz Sputnik-Geldern nichts geworden ist...