Samstag, November 24, 2007

3100 Meilen später

[Da ich kein Internet hatte poste ich diesen Eintrag aus dem Mountain Side Inn in Williams, in der Nähe des Grand Canyons; mehr Einträge auf Google Maps werden folgen, aber die Internetanbindung hier ist zu langsam, um angenehm mit dem ach so tollen Web 2.0 zu arbeiten; das Hochladen von Bildern habe ich auch irgendwann aufgegeben]

Ich sitze am Freitagnachmittag in einem ungewöhnlich und angenehm unscheinbaren Cafe am "Strip" in Las Vegas und warte darauf, dass die weibliche Fraktion unserer 7-köpfigen Mannschaft das Okay für die Weiterfahrt in Richtung Grand Canyon gibt. Während die ihrer Shoppingpflicht nachgeht habe ich genügend Zeit, die letzten knapp über sieben Tage revue passieren zu lassen.

Am letzten Donnerstag hat Josi uns (das heißt Olivier, Theresia, Tim und mich) netterweise (nochmal vielen, vielen Dank!) nach Oklahoma City gefahren hat, wo wir unseren Mietvan abgeholt haben. Nach einem kurzen Startversuch hat Theresia erst einmal vor dem Fahren zurückgeschreckt, weshalb ich uns zurück nach Norman gefahren habe. Am Abend sind wir dann zum Walmart gefahren, um Proviant, Paper Towels und eine Straßenkarte zu kaufen, und um danach Olivier und Theresia, die noch bis um sieben Uhr in einer Vorlesung waren, vom South Oval abzuholen. Damit waren wir komplett: Amandine, Emilie, Olivier (alle drei aus Frankreich), Phoebe (aus England), Theresia, Tim und ich (aus Deutschland), und es ging los auf der I-35 nach Norden in Richtung Kansas. (Hier in San Francisco, v.l.n.r.: ich, Emilie, Olivier, Phoebe, Amandine, Tim, Theresia)

An dieser Stelle muss ich sagen, dass amerikanische Autos angenehm groß sind. Unser Dodge Minivan hat zwei Sitze vorne, zwei in der Mitte und eine Rückbank mit drei Sitzen. Natürlich sieht das Auto inzwischen ziemlich chaotisch aus, so vollgepackt wie es ist. Aber man kann immer noch aus dem Rückfenster heraussehen, und nur auf der Rückbank fühlt man sich etwas eingeengt. Phoebe verlässt ihr Königreich hinten rechts trotzdem nicht, dafür hat sie es sich dort zu gemütlich eingerichtet.

Wir sind die ganze Nacht von Donnerstag auf Freitag durchgefahren. Irgendwann nach Mitternacht, als wir bereits auf der I-70 kurz vor der Grenze von Kansas nach Colorado waren, hat mich Olivier abgelöst. Als die Sonne aufging waren wir bereits über den Hauptkamm der Rocky Mountains hinweg, und wir machten eine etwas längere Pause im Glenwood Canyon am Colorado River.

Einen Umweg der abgedrehteren Art haben wir dann auf Grund einer Fehlnavigation meinerseits durch ein paar National Forests gemacht. Auf Schotterstraßen ging es da durch die Ausläufer der Rocky Mountains, und wir waren doch alle ganz froh, als wir wieder zurück auf der I-70 waren. Kurz vor Utah in Grand Junction wurde Olivier dann von Theresia abgelöst, nachdem er direkt von der linken Spur in eine Tankstelle gefahren ist ohne zu bemerken, dass er dabei beinahe einen Sheriff gerammt hätte. Der Sheriff hatte zum Glück offenbar besseres zu tun, als uns anzuhalten. Vielleicht war er auch einfach nicht für diese Gegend zuständig.

Am Nachmittag haben wir die I-70 dann noch einmal für ein paar Stunden verlassen, um im fantastischen Tal entlang des Colorado Rivers bis zum Arches National Park zu fahren.

Die ganze Gegend ist gewissermaßen das Vorfeld des Grand Canyons, und im Arches National Park stehen diese unglaublichen natürlichen Steinbögen. In und um diese herum zu klettern war eine richtig erfrischende Abwechslung von der ständigen Fahrerei.

Tim hat irgendwann angefangen, überall Namen und OU-Symbole auf den Felsen zu hinterlassen. Um so größer war unser Jubel, als ich an der höchsten sicher erreichbaren Stelle an der Innenwand des South Windows (eines der Steinbögen) ein OU-Symbol vorfand, dass einer unserer Vorgänger dort hinterlassen haben muss.

Noch bevor wir im National Park ankamen haben die Akkus meiner Kamera mal wieder ihren Geist aufgegeben. Zum Glück hat mir Emilie ihre neue Kamera anvertraut, obwohl sie meine Kletterei offensichtlich beängstigt hat. Und ich bin, wie ihr seht, ja auch wieder heil am Boden angekommen. Kurz vor Sonnenuntergang am Freitag haben wir den Park dann wieder verlassen und ich habe uns durch Utah gefahren, zuerst über die nahezu menschenleere (vielleicht besser: autoleere) I-70 und dann über den Loneliest Highway durch die Wüste bis an die Grenze nach Nevada. Dort, nachdem wir ohne einmal zu übernachten zwei Zeitzonengrenzen überquert hatten, hat mich Olivier wieder für das letzte Stück bis Ely in Nevada abgelöst. Dort haben wir uns ein Motel gesucht und sind ins Bett beziehungsweise auf den Boden gefallen.

Wir nehmen uns auf diesem Trip immer nur ein Zimmer mit zwei Betten (bzw. in Ely zwei Zimmer mit jeweils einem Bett). Das ist mit Abstand die spaßigste und günstigste Möglichkeit um hier zu reisen, nur muss man eben ab und zu auf dem Fußboden übernachten. Nicht zuletzt bietet es auch immer wieder spannende neue Szenarien, um die überschüssigen Gäste ins Zimmer zu schmuggeln.

Am nächsten Morgen bin ich zum ersten Mal in meinem Leben durch einen Drive-Through gefahren, da die Mehrheit ein McDonalds-Frühstück haben wollte. Auf dem Weg von Ely nach Eureka in Nevada habe ich Emilie das Steuer überlassen, und sie hat uns über weitere Schotterstraßen bis in den Berlin-Ichtyosaur State Park gefahren, wo wir Fossilien und eine echte Goldgräber-Geisterstadt bewundert haben. In Berlin-Ichtyosaur hat Phoebe das Steuer übernommen, und da Emilie mal wieder etwas länger auf sich warten ließ, haben wir zu härteren Methoden gegriffen. Das Bild ist aus dem fahrenden Auto aufgenommen...

Phoebe hat uns bis nach Sparks zur I-80 gefahren, aber dann war mir ihr Fahrstil zu viel. Für das Eiern in der Spur ist auch die englische Herkunft keine Ausrede, also habe ich die Fahrt bis nach San Francisco übernommen. Über die gesamte Strecke von Norman bis San Francisco ist die Stimmung trotz so mancher Übermüdung immer besser geworden. Phoebe hat sich in den französischen Akzent und die Fehlaussprüche wie "Close the lights please" verliebt.

Bei dichtestem Nebel sind wir schließlich zu alten Hippiesongs ("If you're going to San Francisco...") über die Golden Gate Bridge gefahren und ich musste feststellen, dass Verkehr in San Francisco (und damit meine ich Kraftfahrzeugverkehr) nicht so angenehm ist wie andernorts. Dafür sind die Straßen zu eng und die Hügel zu steil. Wir haben auch bereut, uns nicht von Vornherein um eine Unterkunft zu kümmern und mussten daher eine ganze Weile herumgurken, bevor wir südlich vom Flughafen ein Motel gefunden haben.

Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten haben wir als erstes online nach einem günstiger gelegenen Motel gesucht und wurden mitten in San Francisco in Marina auch fündig. Dort sind wir früh am nächsten morgen, also am Sonntag, hingefahren, um von dort entlang der Küste und an Ölaufräumern vorbei zum Pier 33 zu laufen, wo uns die Fähre nach Alcatraz erwartet hat. Den größten Teil des Nachmittags haben wir dann auch mit Sightseeing und der Selfguided Audio Tour auf der Insel der Seevögel verbracht.

Zurück auf dem Festland sind wir über den Pier 39 geschlendert, haben eine klassische Suppe im Sour Dough Bread genossen und sind durch die massenweise vorhandenen Läden getingelt, bevor wir mit dem Bus zurück zum Motel gefahren sind um unser Zimmer zu beziehen. Während Phoebe sich mit einem Bekannten getroffen hat sind wir anderen singend und hüpfend durch The Marina gezogen. Unser Plan, in eine Karaokebar zu gehen, wurde leider von der absurden Gesetzgebung hierzulande zerstört. Offensichtlich ist man selbst in San Francisco nicht in der Lage, vernünftige Regelungen für Leute zu finden, die unter 21 sind und einfach nur gemütlich ausgehen wollen. Auf dem Weg zurück haben wir zum Glück noch ein angenehmes Organic Café gefunden, in dem wir je nach Geschmack heiße Schokolade oder Kaffee genossen haben.

Danach wollte Tim offensichtlich einen Punkt machen und hat eine Flasche Wodka in einem Liquor Store gekauft. Und damit ist der ganze "unter 21 kein Alkohol"-Wahn ad absurdum geführt, denn in besagter Karaokebar hätte unsere unter-21-jährige sicher nichts getrunken. Zum Glück haben uns die Betten das viele Gehüpfe bei der darauffolgenden Zimmerparty nicht übel genommen. Ich bin irgendwann weggedöst, während die anderen weitergefeiert haben und angesichts der Gemälde an der Wand Marc Chagall lobgepriesen haben.

Am nächsten Morgen sind wir am Strand entlang zur Golden Gate Bridge gelaufen, die glücklicherweise ganz und gar nebelfrei war. Danach ging es mit dem Bus nach Chinatown. Nach einem Nachmittagessen in einem chinesischen Restaurant dort ist meine Stäbchenkunst zwar marginal mehr vorhanden als zuvor, aber von chinesischem Essen bin ich immer noch nicht überzeugt. Im Anschluss sind wir zum Coit Tower gelaufen, und in dessen Nähe haben wir eine kostenlose Fahrt mit dem Cable Car zu Fisherman's Wharf erschlichen. Dort gingen natürlich die meisten von uns auf Souvenirjagd, während ich mich hauptsächlich damit begnügt habe, die Bumperstickersprüche zu lesen.

Am Dienstagmorgen überreichten wir Tim sein "San Francisco is sexy"-T-Shirt als Geburtstagsgeschenk, danach habe ich wieder das Steuer übernommen. Über die Golden Gate Bridge, die Ostseite der Bay und zurück über die Bay Bridge sind wir zum Highway 1 an die Westküste gefahren, um diesem nach Süden zu folgen. Zweimal haben wir an Stränden gerastet, unter anderem um eine Geburtstagstorte zu verzehren. Kurz nach Mitternacht sind wir dann mit Olivier am Steuer in Los Angeles, genauer gesagt in Hollywood, angekommen.

Dort hatten wir bereits ein Motel einen Katzensprung vom Walk of Fame entfernt gebucht. Dummerweise hat sich herausgestellt, dass wir, um zu unserem Zimmer zu kommen, direkt an der Rezeption vorbei mussten. Nachdem Emilie und ich eingecheckt haben haben wir uns viel zu viele Rucksäcke und Taschen geschnappt und haben das Zimmer bezogen. Amandine, Olivier und Theresia sollten als zweite Gruppe ins Zimmer kommen. Klevererweise haben sie den Aufzug übersehen, der direkt in der Lobby war und sind erst einmal in die falsche Richtung getappst. Mehr als einen irritierten Blick des Rezeptionisten haben sie aber dennoch nicht geerntet, und am Ende sind auch Phoebe und Tim ereignislos ins Zimmer gekommen.

Am Mittwochmorgen sind wir den Sternen auf dem Walk of Fame gefolgt, haben die Hand- und Schuh- (bzw. im Fall von Sean Connery Fuß-)Abdrücke vor Grauman's Chinese Theatre bewundert und sind mit der Metro zur Universal City gefahren. Universal City ist eine gigantische Touristen-Abschöpfanlage, der zweite Ort nach Pier 39, an dem ich Bubba Gump gesehen habe. Es gibt dort neben dem City Walk auch einen Park mit Attraktionen und Tours, aber bei 64$ Eintritt haben wir dann doch verzichtet, und uns darauf beschränkt "Star und Groupies" auf dem roten Teppich zu spielen. Und natürlich haben wir den Texas Longhorn-Fan, der uns ständig über den Weg gelaufen ist, mit "Boomer Sooner"-Rufen amüsiert.

Länger als vermutet war die Fahrt mit der Metro nach Long Beach, und auch wenn Long Beach nett anzusehen war, die Strände, die wir am Vortag gesehen haben waren besser. Der mit Abstand beste Strand der Reise war übrigens der Strand, an dem wir gelandet sind, als wir eigentlich gar nicht zu einem Strand, sondern nur zu öffentlichen Toiletten entlang Highway 1 wollten.

Nach Long Beach und einer weiteren Souvenirshoppingtour am Hollywood Boulevard (Walk of Fame) hat uns Tim dazu überredet, Mulholland Drive entlang zu fahren. Die Aussicht über Los Angeles bei Nacht war durchaus beeindruckend, aber müde wie ich von dem langen Tag war war ich doch froh, als ich wieder im Motel in mein Bett fallen konnte.

Jetzt ist es an der Zeit, dass ich mich mit den anderen auf der "iPod Plaza" gegenüber vom Wynn treffe. Der Ort heißt eigentlich Fashion Show Plaza, aber auf Grund der vier gigantischen Bildschirme die fast ausschließlich iPod-Werbung zeigen, nennen wir ihn so. Daher werde ich von unserer Fahrt nach Las Vegas beim nächsten Mal berichten.

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