Es bedeutet, dass die Regierung ihre eigene Währung ausgibt und nur diese für die Begleichung von Steuerschulden akzeptiert.
Eine Regierung kann ihre Souveränität auf verschiedene Art und Weise freiwillig einschränken:
- Sie kann ihre Währung an eine andere Währung, an einen Korb anderer Währungen, oder an eine Handelsware wie Gold koppeln.
- Sie kann Schulden in einer Fremdwährung aufnehmen.
- Sie kann sich selbst Regeln auferlegen, die z.B. die Größe des Haushaltsdefizits beschränken.
Denn hier ist der Kern der Sache. Eine monetär souveräne Regierung ist in ihrer eigenen Währung immer zahlungsfähig. Und nicht nur das. Eine monetär souveräne Regierung finanziert sich nicht. Nicht durch Steuern, nicht durch Schulden, nicht durch irgendetwas anderes. Im Kontext einer monetär souveränen Regierung ist es schlicht bedeutungslos, von Finanzierung zu sprechen.
Du und ich, wir sind nicht unbegrenzt zahlungsfähig. Wenn das Guthaben auf unserem Konto erschöpft bzw. der Dispokredit ausgereizt ist und wir eine Überweisung tätigen wollen, dann sagt die Bank "Nein". Deswegen müssen wir uns irgendwie finanzieren, sei es über Einkommen oder über Darlehen.
Mit einer Regierung, die zwar eine eigene Währung hat, diese aber freiwillig zum Beispiel an den US$ koppelt, verhält es sich ähnlich. Sie kann zwar prinzipiell beliebig viel Geld in der eigenen Währung ausgeben. Aber sie hat versprochen, alles ausgegebene Geld aus der eigenen Währung im Zweifelsfall in US$ umzutauschen. Diese US$ müssen irgendwo herkommen, oder sie muss das Versprechen brechen.
Eine monetär souveräne Regierung ist in einer grundsätzlich anderen Situation. Sie schreibt die Regeln, nach denen ihr Geldsystem funktioniert. Wenn sie sagt, dass an jemanden Geld überwiesen werden soll, dann gibt es niemanden, der "Nein" sagen kann.
(Kleiner Einschub am Rande: Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind sowohl Legislative als auch Exekutive inklusive Zentralbank Teil der Regierung. Wenn die Legislative der Exekutiven eine Zahlung verbietet, dann ist die Regierung aus volkswirtschaftlicher Perspektive nicht zahlungsunfähig, sondern zahlungsunwillig. Solche Vorgänge sind interessant für Politikwissenschaft und Verhaltenspsychologie, aber mit Volkswirtschaft haben sie herzlich wenig zu tun.)
Warum Steuern und Schulden?
Du und ich, wir müssen uns finanzieren, um zahlungsfähig zu sein. Eine monetär souveräne Regierung ist sowieso immer zahlungsfähig. Es ist also unsinnig, von ihrer Finanzierung zu sprechen. Wenn Steuern und Schulden aber nicht zur Finanzierung benötigt werden, wozu braucht man sie dann?
Steuern, die nur mit der Währung der Regierung bezahlt werden können, erzeugen Nachfrage nach dieser Währung und geben ihr dadurch überhaupt erst einen Wert. Man kann sich das an einem Gedankenexperiment überlegen. Es wird auch an ganz konkreten Beispielen aus der jüngeren Geschichte deutlich. Zudem scheinen Steuern auch in der viel älteren Geschichte ganz zentral zur Verbreitung von Geld beigetragen haben.
Gibt die Regierung zu viel Geld aus, so dass die Nachfrage insgesamt die produktiven Kapazitäten der Wirtschaft übersteigt, dann kann es zur erhöhten Inflation kommen. In diesem Fall gibt es eine politische Wahl. Wenn die Regierung der Ansicht ist, dass mehr öffentliche Leistungen zur Verfügung gestellt werden sollen, dann kann sie die Steuern erhöhen und dem privaten Sektor auf diese Weise Kaufkraft entziehen. Dadurch sinkt die Gesamtnachfrage, und die Inflation wird gedämpft. Alternativ kann die Regierung ihre Ausgaben senken, wenn weniger öffentliche Leistungen gewünscht werden. Die treibende Kraft von Steuern zur Stabilisierung des Werts der Währung ist jedenfalls klar.
Schulden sind dagegen unnötig. Eine monetär souveräne Regierungen müsste keine Schulden im Sinne von Anleihen ausgeben. Haushaltsdefizite würden dann einfach zu wachsenden Reserven bei der Zentralbank führen. Diese sind aus Sicht der Bilanz natürlich immer noch Verbindlichkeiten der Regierung, repräsentiert in diesem Fall durch die Zentralbank. Sie werden aber nicht als Staatsschulden betrachtet. (Warum das so ist ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Vermutlich ist das alles eine Frage des Framings.) Das hat technische Folgen für die Geldpolitik, aber ansonsten ändert sich nichts.
Moralische Pflichten des monetären Souveräns
Jede Regierung ist dem Wohl der Bevölkerung verpflichtet. Wenn sie sich dieser Pflicht verweigert, dann sollte die Bevölkerung die Kisten der Freiheit (bzw. eine schlussendlich unblutigere Variante!) benutzen. Zum Wohl der Bevölkerung gehört nicht nur, aber eben auch, das wirtschaftlich-materielle Wohl. Eine monetär souveräne Regierung hat dafür besonders mächtige Hebel zur Verfügung.
Monetäre Souveränität setzt die Gesetze der Physik nicht außer Kraft. Was die natürlichen Ressourcen und produktiven Kapazitäten eines Landes nicht hergeben, kann auch vom monetären Souverän nicht herbei gezaubert werden. Aber die Regierung muss dafür sorgen, dass die bestehenden Kapazitäten zum Wohl der Bevölkerung genutzt und für die Zukunft gepflegt und ausgebaut werden.
Die Regierung hat noch eine weitere Pflicht. Arbeit ist ein ganz zentraler Bestandteil menschlichen Lebens und sozialer Gemeinschaft. Dadurch, dass unsere Wirtschaft durch und durch monetarisiert ist, entsteht Arbeitslosigkeit, und es gibt im freien Markt keinen Mechanismus, um sie zu verhindern. Also muss die Regierung, stellvertretend für die Gesellschaft insgesamt, jedem eine reguläre Arbeit zu ermöglichen, zum Beispiel über eine Job-Garantie.
Das Schöne ist, dass die Regierung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Indem sie den Menschen eine Arbeit gibt, kann sie gleichzeitig dafür sorgen, dass die bestehenden Kapazitäten des Landes besser zum Wohl der Bevölkerung genutzt werden.
An dieser Stelle kommt die monetäre Souveränität wieder ins Spiel. Eine nicht souveräne Regierung könnte bei der Umsetzung einer Job-Garantie oder anderer Konjunkturmaßnahmen in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Eine monetär souveräne Regierung ist frei von solchen Problemen, und sie hat die moralische Pflicht, diese Freiheit auch zu nutzen.
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